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Dienstag, 24. August 2010

Messina



Fremder, wenn Du Messina wirklich kennen lernen willst, dann versuche dort mal, kroatische Kune auf Euro umzuwechseln. Nach der achten Bank gab ich dann auf – habe aber dafür einen umfassenden Eindruck von der Stadt bekommen. Viele schöne alte Prachtbauten, breite Boulevards mit herrlichen Baumalleen, aber, wie bereits gesagt, viel Schmutz und das südländische Chaos obendrein. Fußgängerübergänge haben hier nicht einmal symbolischen Charakter. Wer als Fußgänger sich auf so einen Übergang verlässt kommt garantiert keine zwei Meter weit, denn dann haben ihn bereits zwei Vespas, drei Fiat und ein Alfa Romeo überrollt – mindestens…
Der (letztendlich ergebnislose) Versuch, das kroatische Geld umzuwechseln hat mir so viel Zeit gekostet, dass ich gerade noch einkaufen gehen und meine Wassertanks auffüllen kann. Ich muss bis Mittag hier weg sein – Wäsche waschen ist also leider nicht mehr drin.
Das Ablegemanöver gestalte ich Clevererweise so wie das gestrige Anlegemanöver: das der Sau graust… Reden wir also lieber nicht davon …
Es bläst genau die Strasse von Messina herunter, aber ich mache trotzdem das, was ich mir heimlich vorgenommen habe: Ich kreuze sie unter Segel ganz hinauf, was zwar mit viel Arbeit verbunden ist und Nerven kostet, mich aber trotzdem mit Stolz erfüllt – wie viele Segler können schon von sich behaupten, die Strasse von Messina unter Segel und gegen den Wind befahren zu haben? Es galt nämlich nicht nur auf kreuzende Fähren, durchfahrende Frachter, Kreuzfahrtschiffe und Tanker, drehende Winde und tückische Strömungen zu reagieren, sondern auch diesen seltsam aussehenden Thunfischfangbooten aus dem Weg zu gehen, die mit ganz schönem Tempo kreuz und quer herumsausten. Das sind extrem seltsame Schiffe: Sie haben eine Art Gitterturm, gut 20m (!!!) hoch, einem Kran nicht unähnlich, sowie einen begehbaren Bugausleger, der so um die 30m das Schiff vorne überragt: Oben auf dem Turm stehen zwei bis drei Männer und halten nach großen Fischen Ausschau, vorne in dem überdimensionalen Bugausleger steht ein Mann mit einer Harpune und wartet auf seine Chance. Das Schiff wird übrigens oben vom Turm aus gesteuert. Sechs von diesen seltsamen Fahrzeugen kreuzten in dem engen Fahrwasser hin und her und strapazierten meine Nerven:


Die Straße von Messina trennt das ionische vom tyrrhenischen Meer und Sizilien von Kalabrien. Sie ist 32km lang, ihre geringste Breite beträgt 3km. Die Durchfahrt gestaltet sich aufgrund der Wind- und Strömungsverhältnisse und der beiderseits nahen Steilküsten sehr schwierig. Die griechische Mythologie deutete dies mit dem Einwirken der Skylla und Charybdis. Die beiden Meerungeheuer wurden sprichwörtlich für eine fast aussichtslose Klemme zwischen zwei Übeln. Mehrere Seeschlachten fanden hier auch statt. Nach 1957 überquerte eine Hochspannungsfreileitung für 220 kV die Straße. Diese Freileitung war an zwei 232 Meter (inkl. 8 m Fundament) hohen Masten aufgehängt, von denen einer bei Messina und der andere auf dem kalabrischen Festland steht. Bald genügte diese Freileitung nicht mehr den gestiegenen technischen Anforderungen, weshalb sie Ende der 1990er Jahre von einem 6,5 Kilometer langen Drehstrom-Seekabel ersetzt worden ist. Die Masten wurden als „Teil des Landschaftsbildes” erhalten (der sizilianische Mast wird sogar abends angestrahlt), sie haben aber keine technische Funktion mehr:


Während der Fahrt passierte mir ein Missgeschick: Beim Verzehr eines Pfirsichs biss ich leider auf dessen Kern – der Verlust eines Teils des rechten Schneidezahns war die unmittelbare Folge – nun bin ich entstellt, kann beim Reden nicht den Mund aufmachen, bis ich wo zu einem Zahnarzt komme. So ein Mist!
Ich segelte dann noch ein Stück der Nordküste Siziliens Richtung Westen, aber bald schlief der Wind ein. Nachdem es hier sowieso keine schützenden Buchten oder Vorgelagerte Inseln gibt und der Wetterbericht eine ruhige Nacht versprach, warf ich meinen Anker bei drei Meter Wassertiefe in den Sandgrund, köchelte mir etwas und ließ den Herrgott einen lieben Mann sein.

Etmal: 26sm, Position: N 38° 15,80’ / E 015° 27,90’