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Sonntag, 22. August 2010

Von Ormos Ammos nach Italien, zweiter Tag

Na, das wurde noch eine „hurtige“ Nacht! Es frischte weiter auf, wir rauschten mit über sieben Knoten Fahrt dahin!! Leider musste ich dann doch das zweite Reff einbinden und die Genua ziemlich wegrollen, sonst wäre es wohl zuviel des Guten geworden… Aber geil war es schon!!
Zu Mittag dann Flaute – wieder geht die nervtötende Dümpelei los. Langsam schält sich die Küstenlinie von Kalabrien aus dem Dunst, in diesem Bereich an die 1400m hochragend.
Ich versuche mich abzulenken und rasiere mich – mit dem neuen Klapp – Rasiermesser, so wie man(n) es früher benutzte (und heute noch der Barbier). Das war keine so wirklich gute Idee… Zum Glück habe ich ausreichend Wundsalbe an Bord, die gehört eh aufgebraucht. Für solche Messer sollte man zum Erwerb und Gebrauch vorher einen Waffenpass beantragen müssen…
In diesem Bereich des ionischen Meers treten vermehrt Würfelquallen auf; genug Zivilisationsabfall leider auch.
Der Rest des Tages war eine einzige Quälerei. Segel rauf, Segel runter, Bullenstander setzen, Bullenstander bergen, Genua raus, Genua rein, ich bin schon ganz wucki. Dazu das ewige flappen der Segel und das wirre Wellenbild – zum aus der Haut fahren. Es geht nichts weiter, manchmal überholt mich sogar treibender Müll. Gegen Abend lege ich eine Stunde Motorfahrt ein, vielleicht komme ich doch in annehmbares Windsystem. Fehlanzeige. Meine Hoffnung ist die Nacht, vielleicht frischt es da wieder auf. Noch dazu nähere ich mich schön langsam der Strasse von Messina, da wird der Verkehr spürbar dichter. Bis 22:00 dümple ich ziemlich genervt herum, da sehe ich wie von Land her ein großes, schnelles Schiff Kurs direkt auf mich nimmt. Nachdem ich diesbezüglich von Griechenland her vorsichtig geworden bin starte ich sicherheitshalber den Motor, um rechtzeitig ausweichen zu können. Auf einmal blendet mich das fremde Schiff mit starken Scheinwerfern an und beginnt mich zu umkreisen. Ich erkenne, dass es sich um ein Kriegsschiff handelt – die fürchten sich also vor mir, na so was! Nach der dritten Umrundung wird es mir zu blöd (ich hasse blendende Scheinwerfer und stinkende Abgase…), schnappe mir mein Funkgerät und frage auf Kanal 16 an, welche Probleme er den habe? Das unbekannte Schiff gibt sich als „Guardia zivil“ zu erkennen und es erfolgt eine Befragung über mein woher, wohin, Nationalität usw. Nach einer Viertelstunde ist das erledigt und sie rauschen davon, nicht ohne sich vorher für die „freundliche Zusammenarbeit“ bedankt zu haben. Das Ganze wäre ja nicht erwähnenswert, nur, zwei Stunden später kommen die schon wieder angerauscht und das ganze Prozedere beginnt von neuem. Diesmal weiß ich ja schon, was sie wissen wollen, bin daher besser vorbereitet („please repeat and spell“) und dementsprechend lockerer. Nur, was mir nicht ganz klar ist: War das ein zweites Schiff der „Guardia zivil“, eine neue Besatzung oder waren die nur zu blöd um zu wissen, wem sie vor zwei Stunden schon einmal kontrolliert haben? Ich werde es nie erfahren…
Der Rest der Nacht verlief äußerst schleppend und anstrengend, ich kam zu fast keinem Schlaf.