Diese Nacht hatte es in sich. Nicht nur, dass sie stockdunkel war und wir dadurch sehr schlechte Sicht hatten; nein, dazu kamen noch Nebel, hohe Wellen aus allen möglichen Richtungen, unerwartet heftige Böen und im Morgengrauen waren zusätzlich etliche Biggis unterwegs, welche erst sehr spät zu sichten waren. Da war das Radar wiederum eine große Hilfe. Zweimal sprang der Autopilot aus seiner Halterung an der Pinne, was jedes Mal zu einer ungewollten Action an Bord führte. Anita tat mir während ihrer Wache schon leid, einige Male schoss das Wasser so über Deck, dass die Arme keinen trockenen Faden mehr am Leib hatte. Als Strafverschärfung segelten wir zusätzlich durch das Hibiscus und Chaconia Gas Field, beide liegen ca. 51sm südlich von Grenada; in dieser Gegend sichteten wir auch Ölbohrtürme, die in den Seekarten nicht eingetragen waren, nur der lapidare Satz „Oil und Gas Activity, see note“ wies auf die Gefahren hin…
Als wir uns Trinidad näherten bemerkte Anita, dass unsere Geschwindigkeit, trotz unveränderter Windstärke, um ca. zwei Knoten gesunken war. Ich maß diesem Umstand leider etwas zu wenig Bedeutung bei, was sich im Nachhinein betrachtet als grober Fehler herausstellte…
Die Einfahrt zwischen Trinidad und Venezuela wird „Bocas del Dragon“ (Drachenmaul oder Rachen des Drachens) genannt; diese Meerenge trennt den Golf von Paria von der Karibik. Es gibt vier Bocas, wobei die unserem Ziel am nächsten gelegene, die Boca de Monos, gleichzeitig die Engste ist. Das Schicksal der „Taube“ (Näheres zu diesem traurigen Ereignis hier: http://www.rolfdreyer.de/Downloads/Sechs_Tote.pdf vor Augen, welchen sechs jungen Menschen den nassen Tod brachte, wählte ich die nächste, wesentlich breitere Einfahrt, die Boca de Huevos. Ob die Boca de Monos einfacher zu durchfahren gewesen wäre kann ich nicht beurteilen. Diese Einfahrt jedenfalls hatte es unter den herrschenden Wetterbedingungen mehr als in sich; genauer gesagt mussten wir ziemlich hart kämpfen, um dort unbeschadet durchzukommen. Während der Wind unverändert von achtern, allerdings stark schralend, blies, nahm die Fahrt immer mehr ab. Zudem türmten sich die Wellen, welche ebenfalls von achtern heranrauschten, immer höher auf, Najadchen lief aus dem Ruder, die Genua fing an zu schlagen. Daher bargen wir das Segel und ich übernahm das Ruder, da der Autopilot nun nicht mehr schnell genug reagierte. Ich startete den Motor, um in etwa die Geschwindigkeit der Wellen erreichen zu können, um sie abzusurfen. Da hat sich der kleine Gerhard aber stark getäuscht – die harsche Wirklichkeit sah nämlich so aus, dass das Schiff, trotz 2500 Umdrehungen des Motors, wobei es im Normalfall mehr als 6 Knoten Fahrt macht, nur auf 2 – 2,5 Knoten Fahrt kam. Wahnsinn!! Mit so einer starken Gegenströmung hatte ich nicht gerechnet. Nachdem die erste Welle eingestiegen war ging Anita unter Deck, um die Steckschotte einzusetzen und unseren Kurs auf der Seekarte zu kontrollieren. Nachdem die zweite Welle ins Cockpit eingestiegen war (ich hasse nasse Füße…) wurde mir dann doch etwas mulmig; 4 bis sechs Beaufort Wind und die hohen Grundseen von achtern bei nur geringer Fahrt im Schiff: Es hat schon Zeiten gegeben, wo ich mich bedeutend wohler und sicherer gefühlt habe... Ich hatte alle Hände voll zu tun, um Najadchen auf Kurs zu halten. Schön langsam fing ich an zu schwitzen - nicht nur vor Anstrengung… Wie in Zeitlupe taumelten wir durch diese Scheiß – Durchfahrt, immer den Blick nach achtern gerichtet, um ja jede Welle aussteuern zu können. Die Angst Querzuschlagen saß mir verflucht schwer im Nacken. Aber irgendwann ging auch das vorüber, ein mittlerer Felsbrocken fiel mir deutlich hörbar vom Herzen und wir nahmen wieder Kurs auf unser Ziel - Nach 17 Stunden Fahrtzeit und 85sm Fahrtstrecke liefen wir in Chaguarama auf Trinidad ein, legten uns an eine Boje im Vorgelagerten Ankerfeld und freuten uns, als wir Peters „Bolero“ in unserer unmittelbaren Nachbarschaft entdeckten. Ein Sundowner in angenehmer Gesellschaft war also gesichert!
Wir sind wieder einmal gut angekommen, allerdings war es diesmal etwas knapp…
Etmal: 85sm, Position: N 10°40,80’ / W 061° 38,00’
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen