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Mittwoch, 14. November 2012

Tongatapu / Nuku’alofa


Nach einer erfreulich ruhig verbrachten Nacht entdecke ich zu meiner großen Freude den Katamaran „Imagine“ von Jutta und Albert in meiner Nähe – ein gemütlicher Gedankenaustausch unter Freunden ist also gesichert. Wir treffen uns ja schon seit Panama immer wieder zufällig an den verschiedensten Ankerplätzen dieser Welt. Die Chemie zwischen uns stimmt, unsere Interessen sind auch die Gleichen, so können wir uns austauschen und manchmal auch gegenseitig Hilfestellung bieten.
Nachdem die Beiden Richtung Neuseeland aufgebrochen sind möchte ich mich in den Hafen von Nuku’alofa verlegen – und gerate dabei prompt in Schwierigkeiten…
Frage an Radio Eriwan: Kann man beim Anlegen im Hafen von Nuku’alofa eigentlich in Seenot geraten?
Antwort von Radio Eriwan: Normalerweise nicht, aber bei dir ist ja, wie wir inzwischen wissen, alles möglich…
Also, das lief so ab: Die Hafenmole...
 
 
...ist eigentlich nur ein aufgeschütteter Fahrdamm, ohne Anlegemöglichkeit, nur mit Pollern bestückt. Die Frage stellt sich daher, wie ich als Einhandsegler dort festmachen soll? Ich hatte mir das so vorgestellt: Ich lege mich mit Najadchen außerhalb des Hafens vor Anker, fahre mit dem Schlaucherl in denselbigen und lege mir dort mit einer Kombination aus Leine an einem Poller, Fendern zum Aufschwimmen derselben und einem Anker meine rein persönliche Muring, die ich von Bord aus aufpicken und an der ich dann Najadchen festmachen würde. Soweit die Theorie. Die hätte an sich ja gestimmt, wenn der Wind nicht ein klein bisschen zu stark und noch dazu aus der „falschen“ Richtung geweht, und der Ankergrund etwas mehr Grip geboten hätte… So kam es, wie es kommen musste: Das Anlegen an der Behelfsmuring klappte an sich zwar problemlos, nur hielt der Anker leider nicht – mein Fehler, ich konnte ihn mit der schwachen Motorleistung des Schlaucherls nicht gut genug einfahren – und schon trieb es uns kurz darauf quer zu der verdammten Steinmole. Zum meinem Glück stieg vorher der Grund an, so dass wir knapp vor einer Touchierung „nur“ mit dem Kiel auf Grund aufsaßen und das Schiff dabei keinen Schaden nahm. Nun kam ungebremste Hektik auf. Mit dem Schlaucherl versuchte ich den zweiten (und später auch noch den dritten) Anker auszubringen, was allerdings außer einem kräftigen Leinen - und Kettensalat keinen greifbaren Erfolg zeitigte. Erwähnte ich in diesem Zusammenhang eigentlich schon, dass meine Ankerwinsch nur mehr dekorativen Zwecken dient und ihrer zugedachten Funktion wegen eines gröberen mechanischen Defektes schon seit geraumer Zeit nicht mehr nachkommen kann?? Ich daher alles mit purer Muskelkraft Händeln musste?? Ich wetzte jedenfalls wie vom wilden Affen gebissen umher, um mein an der Situation völlig unschuldiges Schiff freizubekommen, was mir schlussendlich aber nur mit Hilfe eines freundlichen neuseeländischen Motorbootfahrers gelang, der mit gefühlvollem Einsatz seines stark motorisierten Kleinwasserfahrzeuges Najadchen aus der Gefahrenzone und die Anker in eine adäquate Position brachte. Herzlichen Dank nochmals dafür!
Nach diesem unerfreulichen, aber glimpflich abgelaufenen Erlebnis ließ ich es ruhig angehen, besichtigte die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt Nuku’alofa - hier der Königspalast...
 
 
...und erkundete mit dem Rad (ja, ich bin vorsichtig gefahren…) große Teile der Insel – was ein navigatorisches Problem aufwarf, da diese flach wie eine Flunder ist und daher nur wenige Orientierungspunkte bietet. Erschwerend kam noch hinzu, dass Wegweiser, Straßenbezeichnungen etc. in diesem Teil der Welt Raritäten sind. Prompt habe ich mich kilometerweit verfahren. Das ist mir auch schon lange nicht mehr passiert…
Nachdem ich der ärztlichen Versorgung hier nicht ganz traue (und ich unter Zeitdruck geraten würde) verschiebe ich meine Zahnsanierung lieber bis ich nach Neuseeland komme – das dauert ja nicht mehr lange.
Ich nutzte die Zeit der relativen Ruhe im Hafen, um Najadchens Rigg auf das Genaueste zu kontrollieren – denn wie es ist, mitten im Südpazifik den Mast zu verlieren, möchte ich mir gar nicht erst ausmalen…
Wie bisher im Königreich Tonga wird auch hier (von Kindern einmal abgesehen) „Full clothed“ gebadet, die Menschen sind im Wasser ziemlich züchtig bekleidet –  ob dies auf ein leicht übertriebenes Schamgefühl oder auf religiöse Vorschriften zurückzuführen ist, konnte ich allerdings nicht feststellen.
Die Menschen sind an sich freundlich, lachen viel und lieben ihre Kinder, von denen es eine ganze Menge gibt, sehr. Das macht sie mir sympathisch, obwohl ansonsten im Land viel im Argen liegt. Im Hafen liegen versunkene Schiffe...
 
 
...die Uferregionen sind mit gestrandeten Wracks gespickt...
 
 
...Müll häuft sich...
 
 
...Armut und Verfall wohin man schaut. Trotzdem war ich gerne hier, aber zwei Monate sind nun genug, es wird wieder einmal Zeit Weiterzuziehen, denn die Hurrikansaison nähert sich mit Riesenschritten und ich bin sowieso schon spät dran – im Hafen bin ich das Einzige ausländische Schiff... Nach Erledigung der (zeitraubenden) Ausreiseformalitäten verlege ich mich vor ein kleines Inselchen, wo ich mein nur leicht bewachsenes Unterwasserschiff reinige – das in Panama City teuer gekaufte Antifouling bewährt sich recht gut. Nur: Ein Anstrich war halt zu wenig…
 
Ein paar Eindrücke noch:
 
Es gibt sehr viele Kirchen der verschiedensten Glaubenskongregationen im Königreich. Über Geschmack soll man aber nicht streiten...
 

Viele Hände werden anscheinend benötigt, um die Vorleine dieses Seelenverkäufers belegen zu können...

 
Markt an der Hauptstraße, Bio - Obst und Gemüse in reicher Auswahl:


Traditionelle Verarbeitung von Pandanuss zu Tracht. So ähnlich wird wohl früher  Papyrus hergestellt worden sein:


Chaos und Verfall im Hafen:


Es gibt aber auch Erfreuliches: Neu errichtete Groß - Solaranlage am Rande der Hauptstadt:


Der Wetterbericht passt, morgen geht es los -  zu dem wohl schwierigsten Abschnitt meiner Reise bisher, zur Fahrt nach Aotearoa, dem Land der langen weißen Wolke – besser bekannt als Neuseeland…
 
 

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