Warum „Kuna Yala“? Nun, das ist die Bezeichnung der Indios für ihr Land in ihrer Sprache. „San Blas“ hören sie gar nicht gerne, dieser Name wurde ihnen von den spanischen Invasoren aufgezwungen…
Warum bin ich eigentlich noch immer hier und warum schreibe ich meinen Blog nicht weiter?? Nun, dieses Revier kommt meinen Vorstellungen vom Paradies sehr entgegen - mein wahres Leben besteht ja aus dem Gewahrwerden von besonderen Augenblicken und ich versuche die Dinge, die mir am Herzen liegen, in meine Sprache zu übersetzen, um sie verstehen zu können. Ich sammle auf meiner Reise keine irdischen Reichtümer, sondern Erfahrung. Diese kann ich weder verkaufen noch tauschen – ich sammle das Bleibende meines Lebens. Vielleicht ist das der tiefere Sinn meiner „großen Reise“? Eine Reise zu mir selbst? Aber wem interessiert das schon außer mich selbst…
Wie dem auch sei, diese scheinbare „unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ hat natürlich ihren Preis, wie alles im Leben: Wochenlang in der „freien Wildbahn“ ankernd, völlig auf mich alleine gestellt, bekommt die Wertigkeit der Handlungen eine völlig andere Gewichtung: Die Nahrungsbeschaffung, die Obsorge für das Schiff und die Auseineinandersetzung mit den Unbilden der Natur haben absolute Priorität und lassen Dinge wie Handy oder Internet völlig in den Hintergrund treten. Abgesehen davon gibt es draußen an den Riffen, wo ich die meiste Zeit verbringe, sowieso keinen Internetempfang. Meine Öl, Kaffee, Trockenmilch und Zuckervorräte neigen sich aber dem Ende zu, daher muss ich kurzfristig in die Nähe der Zivilisation zurückkehren, um meine Lebensmittelvorräte zu ergänzen - und kann zusätzlich meinen Blog aktualisieren.
Leider konnte ich noch keinen neuen Kuna - Stamm gründen, die Indios passen zu gut auf ihre Mädels auf! Aber ich arbeite hart daran... Allerdings dürfen Kunas sowieso keine nicht – Kunas ehelichen. Wie sich das mit den Menschenrechten vereinbaren lässt weiß ich zwar nicht, der „Erfolg“ dieser Bestimmung ist aber an den zahlreichen Albinos sichtbar. Diese genießen einen besonderen Status, sind sozusagen etwas „höhere Wesen“. Die Indios haben allerdings noch ein Riesenproblem: Die rasante Entwicklung der modernen Welt mit ihren mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten kann nicht spurlos an ihrer Kultur vorübergehen, niemand will schließlich gerne in Armut in einem Museum oder Reservat leben, wenn vor der Haustüre die Verlockungen der "Kapitalisten" lauern... daher ist es für mich erstaunlich, wie lange dieser indigene Volksstamm seine Kultur und Identität erhalten konnte.
Im Übrigen fühle ich mich hier so richtig wohl: Kein Stress, durch die vielen Riffe, Inselchen und Untiefen können sich keine größeren Wellen ausbilden, daher ist die Gegend relativ sicher. Ab und zu bläst es zwar ziemlich heftig, aber die Korallensandgründe halten den Anker sehr gut. Trotz der Regenzeit ist das Klima angenehm, nur bildet sich durch die meist hohe Luftfeuchtigkeit ziemlich schnell Schimmel, da heißt es mit Essigwasser und (an unempfindlichen Stellen) mit Chlor dahinter sein! Nur mit dem Wind ist das so eine Sache: Der ist völlig unberechenbar bezüglich Richtung und Stärke – meistens weht es schwach, gerade angenehm um die Schwüle und Insekten zu vertreiben. Ich segle von einem Inselchen zum anderen, erfreue mich des Lebens und ernähre mich von viel Fisch, Nudeln, Reis, Bohnen und Linsen, Kartoffeln und Eier runden meinen Speiseplan ab. Fleisch habe ich seit Ewigkeiten keines mehr gegessen. Ab und an kommen Indios angepaddelt, die mir neben Fisch Bananen, Limonen, Kokosnüsse, etc. anbieten.
Leider erfahre ich in meiner selbstgewählten Einsamkeit nicht, was es in der Welt und im schönen Wald4tel so an Neuigkeiten gibt - das ist der Nachteil vom Paradies!
Übrigens fische ich, vor Anker liegend, nicht mit der Angel, sondern gehe mit der Harpune auf Jagd - das ist spannender und ich kann mir aussuchen, welchen Fisch ich haben will. Die Rochen fürchten sich vor mir und flüchten, die kleinen Haie ebenfalls - deren große Brüder und Schwestern bleiben hoffentlich auf hoher See...
Ich bleibe in der Gegend noch einige Zeit, hier ist es ganz einfach zu schön , um schon weiterzufahren. Allerdings werde ich mich, wenn ich meinen Blog aktualisiert habe und meine Einkäufe erledigt habe, wieder zu den Inselchen und Riffen hinaus begeben, das einsame Leben dort draußen gefällt mir - ich wollte ja schon in meiner Kindheit Einsiedler werden. Aber auf mich hört ja niemand…
Ansonsten ist bei mir alles in Ordnung - auch Najadchen hält sich prima. Von größeren Schäden sind wir bis jetzt verschont worden, nur meine Zähne bereiten mir (wieder einmal…) Probleme. Die herausgefallenen Plomben ersetze ich mit aushärtender Reparaturmasse aus dem Bootsbedarf, das funzt ganz gut. Oder ich klebe sie mit Sekundenkleber wieder an ihren angestammten Platz, wenn ich sie nicht vorher verschluckt habe...
Anbei noch ein paar Eindrücke von meinem Paradies.
Meine Trauminsel. Ob es in der Südsee ebensolche gibt?
Diese kippeligen Einbäume erforderen bei stärkerem Wind höchste Konzentration:
Ist das ein Papageienfisch? Geschmeckt hat er jedenfalls hervorragend!
Warum meine in Ehren ergrauten Haare plötzlich blond werden weiß ich auch nicht...
Die "Kriegsflagge" der Kunas während ihres Aufstandes / Revolution 1925:
Dazu die historischen Hintergründe:
Gebrauchs- und Ziergegenstände der Indios, ausgestellt im Museum auf Provenir:
Merke: Bananen wachsen nach oben!
Gestrandetes Schmugglerschiff, hoch am Riff:
Paradiesische Strände, Natur pur:
Trinkkokosnüsse und Limonen, meine Vitaminspender. Das Fruchtfleisch der jungen Nüsse ist reinweiß, fleischig weich, mit angenehmen Geschmack. Die "Kokosmilch", eher eine etwas trübe, wässrige Flüssigkeit, schmeckt ebenfalls lecker. In jungen Nüssen dieser Größe ist ca. ein Viertelliter Kokosmilch enthalten. Je älter die Frucht ist, umso härter und trockener - aber auch dicker, wird das Fruchtfleisch, der Flüssigkeitsinhalt hingegen nimmt kontinuierlich ab. Ich bezahlte den Indios 2$ pro Kokosnuss, für die Schüssel voll Limonen bekamen sie 3$ (2011).
Das eher archaisch anmutende, schwere Haumesser im Vordergrund ist eine sogenannte "Brachse" (oder Braxe?), hergestellt in Österreich. Dieses Werkzeug ist zum Öffnen der ziemlich harten Kokosnussschale weit besser geeignet als meine doch eher grazile Machete (45cm wirksame Einsatzlänge...), welche schon beim Fällen von Bambus auf Trinidad schwächelte... Trotzdem bleibt das Öffnen so einer Nuss ein gefährliches Unterfangen, da der Daumen der haltenden Hand nahe der Schlagrichtung liegt...
P.s.: Dank Oliver kann ich einen Fauxpas korrigieren:
Die von mir genannten Sonnenbrillen heißen Polarisationsbrillen. Polaroid ist der Hersteller von den bekannten Sofortbildkameras…
Danke für den Hinweis!
2 Kommentare:
Hallo Gerhard,
endlich ein Lebenszeichen. Toll, dass es dir so gut gefällt. Ich bin auf deine weiteren Abenteuer gespannt.
Grüße
Adson (ein Dehler 31 Fahrer aus Kiel)
Hier besagter Oliver, kann mich Adson nur anschließen, schön wieder was von dir zu lesen Gerhard.
Ich wünsche noch eine lange und wundervolle Reise!
Grüße
Oliver
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