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Donnerstag, 11. Oktober 2012

Von Niuataputopu nach Vava’u


Ich starte zeitig am Morgen, in der Nacht zerrten starke Böen am Schiff und der niederrauschende Regen hellte meine Stimmung auch nicht gerade auf. Irgendwie fühlte ich mich, als wenn mich eine Straßenbahn überrollt hätte. Alles schmerzt, besonders die Schürfwunden (jetzt weiß ich, warum sich die Radrennfahrer die Beine rasieren…), der Kiefer und die gespaltene Augenbraue… Dummerweise kann ich niemanden außer mir selbst die Schuld geben, da keine Feindeinwirkung vorlag...
Die See wurde rau und der Wind drehte immer mehr auf Süd, so dass ich mein Ziel nicht mehr anliegen konnte. Bravo, das muss anscheinend so sein… Aufkreuzen ist auf einem Ententeich ja ganz lustig, wenn man anschließend sein Schiffchen an den Steg legen und sich selbst gemütlich an der Theke platzieren kann. Hier, mitten im Pazifik bei Starkwind und mit Welle von schräg gegenan über eine Strecke von mehr als 200 sm, schaut das Ganze ein bisschen anders aus: Das Schiff ist bald salzüberkrustet, der Skipper nass, hungrig und müde, wegen der fehlenden Vorderzähne kann er sich nicht einmal ein aufmunterndes Liedchen vorpfeifen, die Stimmung tendiert gegen Null, die Frage über den Sinn des Lebens drängt sich aus dem Unterbewusstsein hervor. Zumindest gewinne ich beim Kreuzen Raum nach Luv, allerdings um den Preis von verlorener Höhe – ein Teufelskreis… In der Nacht überholt mich die „Lisa Kay“ –  das ging ganz einfach, die holten sich die benötigte Höhe nämlich mit der Kraft ihres Motors. Ich kreuzte stur weiter, mit dem Erfolg, dass ich mitten in der Nacht vor der Einfahrt der Vava’u  Gruppe stand. Das hatte ich nun davon… Nachdem ich wusste, dass meine Seekarten in diesem Bereich nicht stimmen, drehte ich bei, aktivierte das Radar sowie das Blitzlicht und legte mich einige Stunden aufs Ohr – die Strömung stand richtig. Bei Tagesanbruch lief ich ein, froh darüber, es nicht in der Nacht probiert zu haben, da mich die Seekarten akkurat übers Land geführt hätten…
Aus den theoretischen 176sm wurden schließlich 225sm – gegenan Kreuzen erfordert nun mal Weg und Zeit.
Kaum am Ankerplatz vor dem Hauptort Neiafu, der wegen der zum Ankern ungünstigen Wassertiefe mit privaten und kommerziellen Bojen gespickt ist, angekommen...


...sprang Larry von der „Lisa Kay“ in sein Schlaucherl, sauste herbei und übernahm meine Leine – Danke nochmals dafür!
Beim Einklarieren – zwischen den einzelnen Inselgruppen Tongas vorgeschrieben – zeigte die Bürokratie wieder einmal, zu welch hirnlosen Taten sie (straflos…) fähig ist. Der Hammer diesmal: Die Fragen nach der Farbe meines Unterwasserschiffes und der Form des Schiffhecks…
Es gibt eine Gute und eine schlechte Nachricht: Die Gute ist, hier wurden seit ewigen Zeiten keine Haie gesichtet. Die Schlechte ist, dafür gibt es Seeschlangen - tödlich giftig, aber nicht angriffslustig...


Albert und Jutta mit ihrer „Imagine“ kommen eines schönen Tages an, Juttas Bein ist nun vom Gips befreit, dessen Bewegungsumfang ist aber noch immer eingeschränkt und es ist immer noch etwas geschwollen.
Ich unternehme ausgedehnte Radtouren (ja, ich fahre vorsichtig…) übers Land, welches nur extensiv mit viel Handarbeit genutzt wird. Es gibt keinen Einsatz von Kunstdünger und nur sehr wenige Maschinen sind im Einsatz. Die rote, krümelige Erde ist sehr fruchtbar, anscheinend gibt es auch genug Regen, da alles saftig grün ist. Zu meiner Überraschung sichte ich  Eisvögel – die hätte ich hier nicht erwartet. Überhaupt verbringe ich hier eine entspannte, ruhige Zeit, genieße die unbeschwerten Fahrten durch die Landschaft.
Nun werden schön langsam die Mangos reif, die Tierwelt bekommt ihren Nachwuchs – die neugeborenen Kälber und Fohlen, Ferkel, Lämmer und Kitze sind ja allerliebst anzusehen! Hier sichtete ich auch erstmals Flughunde, die wie große Fledermäuse ausschauen und ziemlich gute Flieger sind. Erstaunlich ist ihr Gebiss: Obwohl reine Vegetarier, verfügen sie über ausgeprägte Fangzähne mit dahinterliegenden Mahlzähnen. Wie das reibungslos funktionieren kann, ist mir ein Rätsel…
Von Tonga bin ich insofern enttäuscht, da die meisten Menschen hier in einer erbärmlichen Armut leben - die Definition von einem "Südseeparadies" muss wohl noch einmal neu verhandelt werden... Ein Großteil der Häuser (eher Hütten…) sind verwahrlost, heruntergekommen und dreckig, so viele sich noch bewegende oder am Straßenrand für immer abgestellte Autoleichen wie hier sah ich noch nirgends – dagegen waren selbst die Fahrzeuge in Panama City als neuwertig und hochmodern zu bezeichnen… Auch die Strassen sind teilweise in einem katastrophalen Zustand, asphaltiert sind nur einige wenige Hauptrouten. Die Dominanz von ausgedienten Konsumgütern, wahllos in der Gegend platziert, bedrückt das Gemüt des dahingehend bereits lange sensibilisierten Mitteleuropäers. Alles was ausgedient hat wird einfach weggeschmissen, eine geregelte Müllentsorgung findet nur auf einem mittelalterlich anmutenden Niveau statt. Hier gibt es noch viel zu tun…
Am Ankerplatz lerne ich zufällig die netten Leiter des örtlichen TO – Stützpunktes, Elke und Werner Stumpe, kennen - http://www.hohnsbeen.de/ - auf deren Einladung hin ich eine herrliche Zeit an ihrer Boje in der geschützten Hunga – Lagune verbringen durfte. Danke nochmals dafür!! Auch nicht TO – Mitglieder sind als Besucher herzlich willkommen, eine Anmeldung auf VHF CH. 26 ist allerdings empfehlenswert, da die Beiden öfters auf Reisen und daher abwesend sind.
Meine Wunden verheilen schön langsam, der Kiefer ist allerdings noch immer teilweise gefühllos.
Ich glaube, nun wird es schön langsam Zeit Weiterzuziehen, bevor die Schlechtwetterfronten über die Gegend hier hereinbrechen.

Abschließend noch einige  Eindrücke von der Vava'u Gruppe.

Teilweise wunderschöne Strände:

 

 Die Kühe haben auffallend kleine Euter, werden anscheinend nicht gemolken. Ab und an werden sie an einen anderen Baum angebunden, um an frisches Gras zu kommen. In den Läden gibt es auch keine Frischmilch zu kaufen...


Was will uns dieses Bild bloß sagen?


Eine fjordähnliche Landschaft mit unzähligen schönen und geschützten Ankerplätzen:


Offensichtlich ein Kindergarten. Warum das in deutscher Sprache geschrieben steht, ist mir ein Rätsel...


Freilaufende Schweine überall und zuhauf:


Das Produkt einer fruchtbaren Erde -Taro:


Der Markt von Neiafu. Preiswertes Bio - Obst und Gemüse in reicher Auswahl:


Tierischer Nachwuchs, einfach herzig:



So schauen Kindergärten im ländlichen Bereich aus:



Neugierig wird der zuckerlverteilende Fremdling beäugt:


Geschützt an einer Boje in der Hunga - Lagune:


Verlassenes Haus mitten auf der Insel Fofoa - ein Traum ging unerfüllt zu Ende:


Etmal: 225sm, Position: S 018° 39,81’ / W 173° 58,95’

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