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Dienstag, 31. Dezember 2013

2013 – Jahresrückblick


Wie schnell doch die Zeit vergeht, schon wieder ist ein Jahr um. Es wäre an sich ein sehr schönes geworden, aber leider wurde der Tod unserer Mutter sein trauriger Höhepunkt. Obwohl sie ein hohes Alter in geistiger Frische erreichte, schmerzt ihr Verlust nach wie vor. An dieser Stelle möchte ich mich bei meinem „großen“ Bruder bedanken, der die traurige Pflicht einer standesgemäßen Grablegung alleine bewältigen musste und mich zusätzlich noch nach Kräften aus der fernen Heimat unterstützt. Danke, Hermann!
Dazu gleich noch folgendes: Warum aktualisiere ich eigentlich nur mehr so selten meinen Blog? Ich schrieb ihn hauptsächlich für meine Mutter, damit sie wusste, was ihr Zweitgeborener so alles treibt. Mit ihrem Tod ist dieser Schreibantrieb vorbei. Daher werde ich besagten Blog auch nur mehr mit den wirklich großen Abschnitten oder erwähnenswerten Ereignissen weiterführen, mein Leben vor Anker interessiert ja außerdem eh niemanden – und wenn jemand Trost und Rat brauchen sollte, etwas Spenden oder wissen will, meine E-Mail Adresse steht ja im Impressum…
Als positiven Höhepunkt des Jahres betrachte ich meine neuen Zähne. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber mit hübschen Beißerchen lebt es sich gleich viel, viel angenehmer. Nicht nur, dass mir ein zähes Stück Fleisch nun keinen Schreck mehr einjagt, auch die Mädels in der Stadt kann ich wieder frech anlachen, ohne dass sie vor Entsetzen laut schreiend davonlaufen. Allerdings, wenn ich an das Loch denke, welches durch die Zahnsanierung in die Bordkassa gerissen wurde, vergeht mir das Lachen schnell wieder…
Übrigens: An alle, die beim Ratespiel mitgemacht haben: Danke fürs Mitspielen, aber ihr wart alle gaaaanz weit daneben – die richtige Antwort wäre gewesen: 21 Kronen!! (in Worten: einundzwanzig…) 

Was tut sich sonst, und wieso bin ich eigentlich noch hier? Ganz einfach, Ich werde die Zyklonsaison hier verbringen. Es gefällt mir hier sehr gut, die Menschen sind (meistens zumindest…) freundlich, die Lebenshaltungskosten erfreulich niedrig, das Wetter ist angenehm und gute Tauchgründe gibt es in Hülle und Fülle. Nur vor den unzähligen und oft schlecht kartographierten Riffen heißt es sich in Acht nehmen. Zudem habe ich – dank Hans & Judy – kostenlosen Zugang zu zwei starken Murings in der Nähe von Lautoka bekommen, die ich, je nach vorherrschender Windrichtung, benutzen darf. So liege ich sicher und kann auch bei den starken Winden, die nun öfters auftreten, beruhigt sein. Hans wird heuer übrigens 83 (!!!), und macht mir beim Tauchen (hier bei der Kontrolle meiner Muring), immer noch was vor. Noch dazu mit einer Ausrüstung, die ihre beste Zeit wahrscheinlich kurz nach dem großen vaterländischen Krieg gehabt hat…
 

Zudem habe ich ein sicheres (soweit man von Sicherheit überhaupt sprechen kann, denn wenn so etwas über diese Gegend hinweg ziehen sollte wie auf den Philippinen - Taifun "Haiyan" -, dann gute Nacht...) „Zyklonhole“ gefunden: In der Nähe von Lautoka, der drittgrößten Stadt Fijis, kaum eine Seemeile von meinen Murings entfernt, gibt es einen von Mangroven umsäumten, schiffbaren Fluss – eigentlich ist es ja ein Meeresarm mit einem Bächlein als Zulauf, in dem ich bei drohender Gefahr Najadchen verholen werde. Die Moskitos werden sich bestimmt freuen, wenn wir kommen! Hans & Judy, die mit ihrem Stahlschiff „Maluhia“ schon etliche Saisonen auf diesen Platz ohne Schaden überstanden haben (auch den letztjährigen Zyklon "Evan", der genau über diese Gegend zog), zeigten mir den etwas gefinkelten Weg über die Barre des Flusses sowie das Prozedere und die Tricks für ein sicheres Vertäuen in demselben. Das Bild zeigt besagtes „Zyklonhole“, die blaue Linie ist die Trackaufzeichnung, als wir die Bedingungen mit dem Dinghy erkundeten und die Tiefen ausloteten. Gaaaanz rechts, im letzten Eck, dass wird unser Plätzchen:


Die ausländischen Yachten sind nun Großteils bereits verschwunden, haben ihre weite Reise in hoffentlich sichere Gegenden angetreten. Auch sonst ist es hier ziemlich einsam geworden, in der Stadt sieht man kaum mehr "Palangis", wie wir Weißen hier genannt werden.
Kurz noch etwas zum Begriff „Zyklon“. (Ist griechischen Herkunft und bedeutet soviel wie Kreis = „kyklos“): Die südwestpazifische Zyklonsaison ist der Zeitraum des Jahres, in dem sich die meisten tropischen Wirbelstürme im Südpazifik östlich von 160° östlicher Länge bilden. Die Saison startet offiziell am 1. November und endet am 30. April des folgenden Jahres. (Obwohl man das meiner Meinung nach bei den Wetterkapriolen der letzten Jahre gar nicht mehr so sicher sagen kann - es verschiebt sich alles, und das natürlich unkontrolliert…). Statistisch wird die Inselgruppe von Fiji in 10 Jahren von 10 bis 12 Wirbelstürmen betroffen, wovon 2 bis 3 schwere Schäden verursachen. Noch dazu ist angeblich das Wasser im Südpazifik heuer sehr warm, dadurch steigt die Gefahr zusätzlich. Na bravo, schöne Aussichten…
Und wie geht es Najadchen? An sich ganz gut, die lange Reise erfordert aber doch schon beträchtliche Renovierungsarbeiten, besonders die Segel, Leinen und die Matratzen zeigen starke Abnutzungserscheinungen. (Um etwaige frivole Gedanken gleich mal hintan zu halten: Die Abnützung der Matratzen steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Bordbesuchen der weiblichen Inselbevölkerung...) Die Anschaffung einer Nähmaschine hat sich für die Segelreparaturen und auch sonst als äußerst sinnvolle Investition erwiesen, ich möchte dieses praktische Ding keinesfalls mehr missen!
Das Gelcot und die Holzteile schreien ebenfalls um Hilfe, das Antifouling ist nur mehr rudimentär vorhanden. Tauchen und Handarbeit sind daher vermehrt angesagt. Ziemliche Probleme bereitet mir allerdings mein Dinghy: Bei meiner Rückkehr von einem städtischen Einkaufsbummel fand ich eines Tages kein Dinghy, sondern nur mehr einen sich gerade noch über Wasser haltenden PVC - Haufen vor. Was war geschehen? Eine Klebenaht hat dem (eh schwächlichen) Innendruck nicht mehr standhalten können und hat w.o. gegeben. Na bravo, von wegen "Zweikammersystem". Die Zwischenwand hat sich auch gelöst.... Ein Taxiboot musste organisiert werden, um trockenen Fußes wieder zu Najadchen zu kommen. Wieder 10 F$ für A & F... Interessant (für Außenstehende) war dann sicherlich die folgende Aktion, als ich mit dem Resevedinghy (klein, tarngrün und kippelig) das eher formlose Dinghywrack zum Basisschiff schleppte. Rudern, Schwell und Gegenwind, kleiner Schlauchdurchmesser und ich. Welten prallen aneinander... Ein gewisser E. Hemingway hätte seine Freude gehabt: Der alte Mann und das Meer...


Überhaupt ist (wie eh allseits bekannt) ein PVC - Gewebe als Schlauchbootmaterial für die Tropen ungeeignet. Es wird dünn und brüchig. Zudem: Hier in einer versorgungsmäßigen Entwicklungszone einen wirklich guten Kleber zu finden ist eine Odyssee für sich, aber ich hoffe doch stark, dass sich der Aufwand gelohnt hat und ich den Gummiwutzler noch einige Zeit lang nutzen kann. Das Kleben bei Wind und starker Sonneneinstrahlung (sollte man nicht, ich weiß…) war dann auch „besonders lustig“… Wie sagte einmal ein bekannter Segler: "Man repariert sich so um die Welt" Dem kann ich nur leidvoll zustimmen. Sonne, Wind und Salzwasser fordern nun mal ihren Tribut!
Obwohl es mich im Prinzip ja nichts angeht macht mich der Umgang der dafür Zuständigen mit den Ressourcen dieses Landes ziemlich wucki: Große Teile der Wälder werden im brutalen Kahlschlagverfahren zu Hackschnitzel verarbeitet, in riesigen Haufen zwischengelagert und dann lose per Schiff nach Japan, zur dortigen Zelluloseerzeugung, abtransportiert.
Die Zuckerindustrie, ebenfalls eines der großen wirtschaftlichen Standbeine Fijis, ist fast noch ärger: Die prähistorischen Fabrikationsanlagen erzeugen einen ungefilterten Schadstoffausstoß, der jenseits des Vorstellungsvermögens eines durchschnittlichen Mitteleuropäers liegt. Zudem werden die abgeernteten Zuckerrohrfelder durch die Bank abgebrannt – ein Wahnsinn für die Umwelt und Gesundheit – bei Windstille und Inversionslage verschwinden ganze Landstriche unter einer Rauchdecke:


Während in Europa viel getan wird, um den Schadstoffausstoß von Verbrennungskraftmaschinen zu verringern, laufen hier die Aggregate der teilweise antiken Tank- und Frachtschiffe Tag und Nacht, wobei deren Auspuffschwaden nichts Gutes verheißen – besonders krass sichtbar wird der erhöhte Schadstoffausstoß, wenn die Schiffsmotoren von Diesel- auf Schweröl umgeschaltet werden. Zudem plündert eine hier stationierte asiatische Fangflotte, die unter der Flagge eines hiesigen Inselstaates operiert, die Fanggründe der Umgebung – was die alleine hier in Lautoka an Thunfischen anliefern, ist gewaltig.
Inwieweit der Fremdenverkehr die Umwelt negativ beeinflusst kann ich nicht beurteilen – er ist jedenfalls ein weiteres, ganz wichtiges Standbein zur Erhöhung des Bruttosozialproduktes des Inselstaates, wo in abgeschirmten Ressorts den zahlungskräftigen Touristen eine heile Welt vorgegaukelt wird, in der die einheimischen Mädchen mit halben Kokusnussschalen - als „traditionellen“ Büstenhalter - herumlaufen und diese widerliche Brühe namens „Kava“ als Kulturgut verkauft wird. Zudem ist der gewöhnliche Fijianer eine richtige Drecksau. Anders kann man das nicht bezeichnen. Alles, aber auch wirklich alles, was nicht mehr benötigt wird, wird entweder ins Meer oder am Wegesrand entsorgt. Es ist unbeschreiblich, was ich bei meinen Radtouren und auf dem Meer schwimmend so alles sehen muss – aber lassen wir das lieber, ich will ja niemanden den Appetit verderben. Vielleicht sind ja nur die mangelnden Müllentsorgungsmöglichkeiten schuld daran, oder der nötige Sensibilisierungsprozess hat noch nicht eingesetzt, wer weiß das schon… Doch die Menschen sind im Allgemeinen freundlich und lebenslustig, eigentlich sind sie, vor allem der melanesische Bevölkerungsanteil, oft als einfach gestrickte, große Kinder zu betrachten, während der indische Bevölkerungsanteil  eher der geschäftstüchtigere, umtriebigere ist – und wie bereits schon früher einmal erwähnt: Alle lieben ihre Kinder, was sie mir sehr sympathisch macht. Leider feiert aber die Bürokratie hier fröhliche Urstände. Nur ein Beispiel, meine anstehende Visumverlängerung: Dieses wurde mir von der Immigration in Nadi am Airport um ein ganzes Jahr verlängert, gekostet hatte es mich 477,- F$ und ein Foto. In Lautoka hätte ich nur eine Verlängerung um ein halbes Jahr bekommen, dafür aber 660,- F$ löhnen müssen. Eine ärztliche Untersuchung und ein polizeiliches Führungszeugnis, beides natürlich kostenpflichtig, wäre zusätzlich notwendig gewesen. Ich sag lieber nix mehr, sonst reg’ ich mich nur unnötig auf…
Ansonsten lebt der Großteil der Bevölkerung, wie alle Menschen in den so genannten „Südseeparadiesen“, in der spannungsgeladenen Konfliktsituation zwischen Tradition und Moderne: Handy und Internet sind allgegenwärtig, die fehlenden Infrastrukturen und archaische Behausungen allerdings auch…
Manche, und das sind beileibe keine Einzelfälle, wagen sich in ihrer Not mit Schwimmhilfen aufs Meer, mit denen ich nicht einmal in einem geschützten Swimmingpool angstfrei rumpaddeln würde:




Für die betuchten Touristen gibt es natürlich so etwas…


Auffällig ist das völlige Fehlen von Mopeds und Motorrädern, auch Radfahrer sind im Straßenverkehr eine absolute Rarität. Klar, bei den vorherrschenden Straßenverhältnissen, wenn man die Fahrkünste der Einheimischen und den technischen Zustand ihrer Fahrzeuge in Betracht zieht, ist es irgendwie auch verständlich. Nur so verrückte „Palangis“ wie ich schlängeln sich keuchend durch das Gewühl, in dem eine einfache archaische Regel fast jede Ampel oder sonstige neuzeitliche Regelung außer Kraft setzt: Der Stärkere hat Vorfahrt. Das spart Kosten und ist für jedermann leicht verständlich. Allerdings kommt es manchmal schon zu erhitzten Debatten, wer den nun der „Stärkere“ sei… Erstaunlicherweise nehmen jedoch die meisten Autofahrer Rücksicht und lassen mich, wenn auch manchmal nur knapp, am Leben. Obwohl ich schon ab und zu, eher unwillig und unfreiwillig, mal auf das Bankett, welches meistens auf einem anderen Niveau liegt und mit übergroßen Schlaglöchern übersät ist, abbiegen muss, wenn mich so ein altersschwacher, aber dafür überladener und überbreiter Zuckerrohrtranporter auf einer engen Strasse überholen will - was mir dessen Fahrer meistens auch durch hartnäckiges Betätigen seines Signalhornes nachdrücklich andeutet. Normalerweise werde ich bei so einem Geräusch schlagartig bockig, aber der gesunde Überlebenstrieb ist zum Glück übermächtig… Wesentlich ärgerlicher sind da schon die örtlichen Hunde. So lästig wie hier habe diese noch nirgends woanders erlebt. Einem Radfahrer dürften die Meisten von Ihnen noch nie begegnet sein, noch dazu ein Bleichgesicht! Also auf ihn mit wütendem Gebell, gemeinsam sind wir stark! Allerdings können sie noch nicht wissen, wie schnell ich von meinem Rad herunter bin und wie treffsicher ich Steine schleudern kann. Ich suche mir immer den größten Kläffer heraus, dem jage ich dann mit Steinwürfen und mit einem ca. einen Meter langen, 3- poligem Stromkabel bewaffnet, welches sich als sehr wirksame Hunde - Abwehrwaffe herausgestellt hat, hinterher. So haben wir alle unseren Spaß und bringen etwas Abwechslung in unser ach so tristes Leben...

Abendstimmung am Liegeplatz


Ansonsten ist bei mir alles im „grünen Bereich“, wie ich einen Zustand ohne allzu große Probleme gerne beschreibe. Wie es weitergeht? Warten wir einmal die Zyklonsaison ab, dann werden wir ja weitersehen!

Bis dahin wünsche ich Euch allen alles Gute, Glück und Gesundheit für das neue Jahr!

2 Kommentare:

tk hat gesagt…

Lieber "Gerhard auf See",

... vielleicht erinnerst Du Dich noch: wir haben uns ganz am Anfang Deiner Reise in Murter kennengelernt: Die "Dehler 31", die plötzlich neben Dir in der Bucht von Murter lag.

Warum ich Dir schreibe, ist dies: Ich verfolge Deinen Reisebericht, seit wir uns begegnet sind. Und manchmal, wenn ich über Monate keine neuen Einträge im Blog vorfand, hab ich mir schon etwas Sorgen gemacht. Und ich denke, es geht auch vielen Anderen so.

Wenn Du vor allem schreibst: "Was ich vor Anker treibe, interessiert eh keinen", dann möchte ich Dir heftig widersprechen: Du hast mittlerweile in den wenigen Jahren auf Deinem Blog fast 140.000 Seitenaufrufe, das ist gewaltig. Also: bilde Dir mal nicht ein, es würde hier keinen interessieren, was Du so treibst.

Ob Du von Schlangen, abgerissenen Faltpropellern (meiner wackelt auch schon!), brechenden Ankerplatten & Zahnkronen, Stürmen, Hackschnitzeln schreibst: sei versichert, es wird von vielen gerne gelesen.

Also: mach weiter. Wir sind da.

Liebe Grüße
Thomas & Katrin
von der LEVJE

Neptunhans hat gesagt…

Hallo Gerhard,

da gebe ich dem Thomas voll Recht! Viele verfolgen Deine Reise gebannt. Ich würde mal sagen, alle vom "Neptun22"- Forum bestimmt;-))
Bleib gesund und erfreue Dich an jeden Tag, den Du in Frieden genießen kannst!

Es grüßt Dich Hans,

natürlich vom Neptun - Forum