Gegen Morgen hat der Wind abgeflaut, ich bin der Erste, der den Hafen verlässt. Draußen steht noch eine ziemliche Restdünung, die Windrichtung passt aber, unter Vollzeug geht es Richtung SANTORIN. (Ab jetzt verwende ich nur mehr den offiziellen griechischen Namen für SANTORIN, „THIRA“) Ich kann die Insel gerade so anliegen, allerdings geht es ziemlich schleppend dahin, 2-3 Beaufort Windstärke sind, um anständig Fahrt zu machen, für mein Mädchen etwas zu wenig. Sanft wiegt sie sich in der lang gezogenen Dünung, bringt mich mit knapp drei Knoten Fahrt meinem Ziel entgegen. Die Sonne scheint, ein paar Cirren sind zu sehen. Allerdings beunruhigt mich der riesige Halo (= ein kreisförmiger „Regenbogen“ um die Sonne), meistens der Vorbote für schlechtes Wetter.
Erwartungsvoll laufe ich von NNW in den riesigen Krater ein und bin begeistert. Die vielen verschiedenfarbigen, schroff und bizarr geformten Lavaformationen, die wie Schwalbennester an den hohen Kraterrändern liegenden Bauten, meist in den typischen Kykladenfarben weiß und blau gehalten, der strahlende Himmel und das dunkelblaue Meer ergeben ein Gesamtbild, welches mit dem Ausdruck „überwältigend“ nur unzureichend beschrieben ist. Ich konnte sogar eine halbe Meile durch den Krater segeln, wobei mich ein Stück des Weges eine Delfinschule begleitete. Ich war schier aus dem Häuschen, als die liebenswerten Säuger seitlich auf mich zukamen, dabei spielerisch und elegant aus dem Wasser sprangen, um dann unter SANDPIPER durchzutauchen. Diesmal blieben sie so lange, dass ich sie fotografieren konnte. Ich schaute aber zu, dass ich so schnell als möglich aus dem Krater wieder rauskam, denn man weiß ja nie, wann der Vulkan wieder hochgeht, er ist ja noch aktiv….. Es ist schon ein seltsames Gefühl zu wissen, dass tief unten, nur von einem Pfropfen erkalteter Lava verschlossen, das Magma versucht, einen Weg an die Oberfläche zu finden. Der Krater ist immerhin 6 Meilen lang und 4 Meilen breit, dabei fast 400 Meter tief. Der Kraterrand ist zwischen 150 und 300 Meter hoch. Die Insel besteht eigentlich aus fünf Inseln, die Hauptinsel ist, erraten, THIRA. Am 05. April 2007 lief hier das Kreuzfahrtschiff „Sea Diamond“ bei gutem Wetter und ruhiger See auf ein (in den Seekarten eingezeichnetes) Riff und sank. Zwei Todesopfer waren bei dem Unfall damals zu beklagen.
Die vulkanische Erde ist sehr fruchtbar, so lässt der Bimssteinboden besonders gute Weine gedeihen. In der Antike wurde die Insel „Kalliste“ – die Schöne – genannt. Auf der Insel gab es eine bedeutende minoische Siedlung, deren Blüte jäh durch den Ausbruch des Vulkans um 1450 v. Chr. beendet wurde. Auch die minoische Kultur ging im Desaster der Eruption unter.
Ich rundete die Südseite von THIRA und lief, nachdem ich mich wieder über einige ungekennzeichnete Riffe aufgeregt hatte, unter Maschine in die Marina von VLYCHADA ein, wo Alex und der französische Skipper, den ich schon in NAXOS kennen gelernt hatte, meine Leinen übernahmen. Hier gibt es Strom und Internetzugang, allerdings kein Wasser. Diese Marina ist der einzige sichere Hafen auf ganz THIRA. Ich wurde freundlicherweise wieder auf die „Stella“ zu einem Abendessen eingeladen, wo ich dann auch einen gemütlichen Abend mit Susi und Alex verbrachte. Ein bisschen konnte ich mich durch die praktische Anwendung meines Könnens als Masseur bei den Beiden revanchieren.
Etmal: 29sm, Position: N 36° 20,22’ / E 025° 26,04’