Am Morgen verlege ich mich in eine andere Bucht, da der Bootsverkehr zu der Gaststätte, in der die halbe Nacht gearbeitet wird, zunehmend nervt. Hauptsächlich befürchte ich aber, dass mich ein nächtlicher Heimfahrer übersieht und Sandpiper über den Haufen fährt, da ich genau in der „Einflugschneise“ ankere. Das Ankerlicht – die in Fethiye erstandene Stroboskoplampe – habe ich zwar im Einsatz, aber man weiß ja nie….
Die Küstenwache lässt sich auch wieder einmal blicken, beachtet mich aber nicht. Gut so, es ist eh keiner neugierig auf sie. Gegen Mittag bricht der ganz normale Wahnsinn aus, einige Gulets kommen in meine Nähe, die Musikanlagen auf volle Lautstärke gestellt, Gegröle unterbricht die friedvolle Stille. Okay, es ist Samstag, tobt euch nur aus. Aber muss es denn soooo laut sein…
Ein Fische schießender Jäger treibt auch wieder sein Unwesen in meiner Nähe, diesmal ist es ein anderer. Anscheinend ist es hier ganz normal, mit Schrotflinten ins Wasser zu schießen – andere Länder, andere Sitten.
Die Entengans ist ein treuloser, raffinierter Schnorrer. Kaum kommt ein anderes Schiff in Sicht, schwimmt er eilig darauf zu, um mit seiner Mitleidsmasche zu Futter zu kommen. Es fällt mir erst jetzt auf, wie gut genährt das raffinierte Tierchen eigentlich ist….
Da das Wetter traumhaft ist, kann ich am Unterwasserschiff weiterarbeiten – zwischendurch muss ich mich aber ein paar Mal in der Sonne bibbernd wieder erwärmen. Das Unangenehme ist, hier gibt es kalte Unterwasserquellen (Süßwasser), die Trennschicht zwischen kalt und warm verläuft, ziemlich scharf abgegrenzt, ca. einen halben Meter unter der Wasseroberfläche – genau der Bereich, in dem ich arbeiten möchte. Bei Bewegung vermischen sich die Wasserschichten, eine enorme Schlierenbildung ist die sofortige Folge, welche die Sicht stark behindert. Knapp unter der Wasseroberfläche in Richtung Sonne schwimmend, ergeben diese beiden Schichten ein faszinierendes Bild. Die am Unterwasserschiff anhaftenden Organismen widersetzen sich hartnäckig meinen Versuchen, sie zu entfernen. Als effizientestes Mittel dazu stellt sich so ein Nirosta – Drahtwaschel aus der Küchenabteilung heraus. Am Schlimmsten schaut der Motorschaft und die Schraube aus – hier haben sich schon Muscheln angesetzt, die ich mühsam mit dem Messer entfernen muss. Auch die Opferanoden schauen schon ziemlich verbraucht aus. Ich habe zwar welche in Reserve mit, auswechseln werde ich sie aber erst, wenn das Wasser etwas wärmer ist.
Am Nachmittag unternehme ich wieder eine Wanderung durch die Berge, die Landschaft hier fasziniert mich. Überhaupt jetzt, da so vieles in bunten Farben blüht und verführerisch duftet. Aufpassen muss man, dass man sich bei den vielen losen Steinen nicht die Knöchel bricht und auf keine Landschildkröte tritt, die es hier vermehrt gibt. Salamander (oder sind es Geckos?), Eidechsen und Schlangen huschen über den Weg, Eichelhäher künden mein Nahen mit ihrem charakteristischen Geratsche an. Natur pur, einfach herrlich!
Bei einer urzeitlichen Ruine habe ich mir aus einer Zisterne Wasser geholt, wobei sich folgende Frage stellte: Wie befülle ich einen fünf Liter Kunststoffkanister, wenn der Wasserspiegel der Zisterne in drei Metern Tiefe liegt? Gut, eine ausreichend lange Leine hatte ich mit, aber der Kanister schwimmt ja wie ein Korken obenauf, wenn man in ins Wasser wirft. (Ich ahnte gar nicht, wie viel Auftrieb so ein Ding hat…) Einen so langen Stock, um ihn unter Wasser zu drücken können fand ich nicht, was blieb mir also anderes übrig, als einen Stein an den Griff zu binden? Tja, so ging’s aber auch nicht, eine Luftblase blieb im Kanister, welcher nun wie eine Boje in der Zisterne schwamm…. Gut, also einen Stein an den Boden des Kanisters binden, was erstens technisch gar nicht so einfach ist und zweitens glaubt man es kaum, wie schwer so ein Stein sein muss, um einen Kanister komplett unter Wasser ziehen zu können!!! Ich konnte es zwar nur grob schätzen, aber das archimedische Prinzip scheint zu stimmen, denn ich benötigte tatsächlich einen ungefähr fünf Kilogramm schweren Stein, um die Kanisteröffnung endlich unter die Wasseroberfläche zu bekommen…. Das war Physikunterricht live, der kleine Gerhard hat wieder mal was gelernt fürs Leben!
Am Abend schwimmt die Entengans traurig zu ihrem Schlafplatz, da sie von mir nichts bekommen hat. Was soll ich machen, mein kleiner Freund, ich habe ja selber kein Brot mehr!
In der Nacht beginnt es zu regnen, aber kein Wind.