Für etwaige Wünsche, Bitten und Beschwerden bin ich manchmal erreichbar unter:
gerhard-auf-see@gmx.at

Mein Skype - Name: neptun.22



Mittwoch, 15. April 2009

Von Side nach Alanya, Teil 1….

Die Nacht verlief dann ruhig, nichts passierte. Am Morgen lief ich zeitig aus, trotzdem standen einige meiner Helfer schon an der Mole und winkten zum Abschied. Lebt wohl und Danke nochmals für Eure Hilfe und die nette Aufnahme!!
Bis Mittag dümpelte ich so dahin, dann erst kam die Sache in Schwung. Allerdings stellte sich folgendes Problem: Von Side bis Alanya gibt es keinen Hafen oder Bucht, die vor dem zurzeit wehenden Südwind geschützt wären. Zudem bauen sich Wellen auf, die das freie Ankern an der ungeschützten Küste zu gefährlich machen. Nach dem es bis Alanya über 30 sm ist, wird es wohl oder übel eine Nachtfahrt werden müssen. Auch kein Problem, ich habe ja Zeit für die Vorbereitung. Es wird wieder ein herrlicher Segeltag, die lang gezogenen Wellen vermitteln ein Gefühl von hoher See. Die Stadt Alanya liegt westlich und östlich einer großen Landzunge. An der Westseite ist auf Google Earth ein großer, gut geschützter Hafen zu sehen, welchen ich Anlaufen möchte. Seltsamerweise ist er weder auf meinen elektronischen noch auf den Papierseekarten eingezeichnet. Komisch, jeder Hafen hat doch ein Leuchtfeuer? Auch wenn meine Papierseekarten einen großen Maßstab haben, alle Leuchtfeuer sind dort eingetragen. Außerdem sind die Karten neu und aktualisiert…. Rund 5sm um die Landzunge herum ist dann der an der Ostseite gelegene Stadthafen von Alanya, den ich dann morgen Anlaufen möchte. Die Nacht bricht herein, im Süden steht das Sternbild des Himmelsjägers Orion, gefolgt von seinem Begleiter, dem großen Hund. Dessen Hauptstern, Sirius, ist der hellste sichtbare Stern überhaupt. Nur Sonne, Mond und der Planet Venus, der zugleich der so genannte Abend- und Morgenstern ist, strahlt heller. Im Norden zeigen mir kleiner und großer Wagen den Standort des seit Jahrtausenden wichtigsten Stern für die Navigation, den Nord- oder Polarstern, an. Wie oft habe ich diese Sternbilder in den klaren Winternächten meiner Heimat wohl betrachtet? Wie lange ist das schon her…
Unbeirrt zieht Sandpiper seine Bahn, warm eingepackt genieße ich die Fahrt. Gegen einundzwanzig Uhr schläft der Wind ein, durch den Wellengang beginnen die Segel zu Schlagen. Ich hole sie herunter, die letzten paar Meilen muss ich wohl oder übel motoren. Nachdem der Hafen nirgends eingezeichnet ist, starte ich den Laptop und navigiere mit Google Earth. (Das geht auch offline, ich habe vorher online diesen Küstenabschnitt betrachtet, daher ist er im Cache gespeichert) Ich taste mich so in dem unbekannten Gewässer an die Anlage heran. Ich kann die ziemlich große Schutzmole erkennen, auch Masten von Schiffen sind dahinter deutlich erkennbar. Alles nur kein Leuchtfeuer. Seltsam. Normalerweise sind die Türken da sehr genau. Ich runde die Einfahrt mittig mit kleiner Fahrt, laufe in den Vorhafen ein. Die Schaukelei hört auf, ich komme in ruhigeres Wasser. Vor der Einfahrt in das Hauptbecken liegen ein paar Fischer im Päckchen, ordnen dort ihre Netze. Hinter ihnen leuchten zaghaft ein paar rote Lämpchen, von denen ich annehme, dass sie deren Netze markieren. Beim Vorbeifahren ruft mir einer der Männer etwas zu und winkt heftig. Na, der begrüßt mich aber freundlich! Ich grüße ebenso freundlich zurück und konzentriere mich auf die nun unmittelbare vor mir liegende Einfahrt. Ich sehe in dem großen Hafenbecken, welches mit unangenehm blendenden Scheinwerfern beleuchtet ist, nur wenige Schiffe liegen. Ich freue mich schon, da es anscheinend ein einfaches Anlegemanöver wird. In diesem Moment sehe ich etwas, dass mein Verstand nicht sofort begreifen will: Die Einfahrt ist gesperrt!!! Und zwar mit diesen viereckigen, etwa koffergroßen Kunststoffdingern, die miteinander verschraubt werden!!!! Diese Dinger schauen nur knapp über die Wasseroberfläche, außerdem hätte ich nie im Leben mit so etwas gerechnet – da liegen doch Schiffe im Hafen!!! Der Fischer hatte mich also nicht gegrüßt, der wollte mich warnen! Schlagartig kommt Panik an Bord auf, ich habe aber jetzt keine Zeit für eine Krise. Blitzartig, aber trotzdem getriebeschonend, lege ich den Retourgang ein, gebe Full pull retour, doch es ist zu spät, Sandpiper überfährt die Dinger, bis sie am Kiel hängen bleiben und wir zum Stehen kommen. Verdammter Außenbordmotor, warum entwickelst du retour bloß so wenig Schubkraft?? Zum Glück sind diese Dinger flexibel und mit einer Leine am Ufer befestigt, es ist nichts passiert. Sind die verrückt, die sperren einen ganzen Hafen ab! Langsam komme ich im Retourgang von den Dingern wieder runter, fahre zu den Fischern und frage, was da los sei. Einer erklärt mir, dass der Hafen nun Privatbesitz wäre und der Eigentümer ihn kurzerhand für die Allgemeinheit gesperrt hätte. Daher auch kein Leuchtfeuer. Alle dürften das allerdings noch nicht wissen, denn eine halbe Stunde später rauscht ein Neuankommender Fischer stichgerade auf die Absperrung zu, allerdings versteht der die in türkischer Sprache gerufene Warnung und kann seinen Kahn gerade noch vor dem Hindernis zum Stehen bringen. Mir ist saukalt, der Schreck sitzt mir in den Gliedern, ich bin hundemüde und die Bordküche ist nicht nur kalt sondern eiskalt. Jetzt stehe ich da vor einem abgesperrten Hafen. Wenn ich das zu Hause erzähle, glaubt mir das niemand. Was tun? Ich habe ganz einfach keine Lust mehr, um dreiundzwanzig Uhr nochmals durchzustarten und nach 5sm wieder einen unbekannten Hafen anzulaufen. Wer weiß, welche Gefahren dort auf mich lauern… So werfe ich kurzerhand im Vorhafen den Anker, heiße meine Stroboskoplampe vor und verputze meine letzte Dose Thunfisch. Wenn nicht bald was Ordentliches auf den Tisch kommt, trete ich in den Streik. Der Schwell im Vorhafen ist halbwegs erträglich, nur viel Platz zum Kette stecken habe ich nicht. Vor mir die Absperrdinger, seitlich die Schutzmole, hinter mir die Fischer. Aber es muss auch so gehen. Katzenwäsche und ab in die Heia – es reicht für heute….

Etmal: 33,5sm, Position: N 36° 33,46’ / E 031° 57,01’