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Samstag, 8. August 2009

Nach Bizerta

Am Morgen wecken mich Fischer, die knapp an mir vorbeifahren. Kein Wunder, liege ich doch neben der versandeten Kleinhafeneinfahrt, aus der sie kommen. Einige grüssen mich ganz freundlich, einer bietet mir sogar einen Fisch an. Danke, sehr freundlich, aber ich möchte von Euch nichts mehr wissen…
Dass Tunesien keine Navtex – Station betreibt erwähne ich nur der Information halber. Sogar Algerien betreibt eine und sendet auch aus…
Es wird ein herrlicher Segeltag, nur teilweise kommt der Motor zum Einsatz. Wobei ich allerdings wieder einmal eine Schrecksekunde wegen dem Ausfall des Kühlwasserkontrollstrahles erlebe. Sofort stelle ich den Motor ab und drehe ein Kringerl, dann probiere ich es wieder – der Kontrollstrahl ist wieder da. Vielleicht hat sich nur eines der unzähligen im Wasser treibenden Plastiksackerln vor die Kühlwasser - Einlassöffnung gelegt??
Vor Bizerta, meinem Tagesziel, liegen zwei große Schiffswracks am felsigen Strand. Für mich eine Mahnung und Erinnerung daran, wie schnell ein Unglück passieren kann…
Am Steg der „Marina“ bekomme ich an dessen Ende gerade noch ein Plätzchen, Sandpiper braucht ja nicht viel Platz! Die „Hafentankstelle“, ein ausgedienter Tankwagen, kann mir nur Dieselkraftstoff anbieten. Die nächste Straßentankstelle ist verdammt weit weg…
Derselbe sinnlose Bürokratenkram wieder – diesmal ging’s aber schneller, die haben hier mehr Routine.
Es sind nur Franzosen und Italiener, zwei Schweizer und ein Amerikaner hier. Wir müssen wieder einmal alleine Österreichs Fahne hochhalten!
In der Nacht lege ich mich irrtümlich auf meine besten Brillen, die meinen zarten 75Kg (grobe Schätzung…) Kampfgewicht nicht standhalten – die Fassung bricht in der Mitte entzwei. Anscheinend nicht mein Tag heute…
Bizerta hat für mich eine besondere Bedeutung: Mein Vater wurde im zweiten Weltkrieg als junger Soldat während des Russlandfeldzuges bei Kalatsch, das ist kurz vor dem ehemaligen Stalingrad, verwundet und in die Heimat zurücktransportiert. Nach seiner Genesung musste er wieder an die Front, er wollte aber auf keinen Fall mehr nach Russland zurück. Daher meldete er sich für das Afrikakorps und wurde prompt für tropentauglich befunden. Hier in Bizerta wurde er dann, von Sizilien aus kommend, angelandet. Während der Kämpfe wurde er schwer verwundet, gefangen genommen und mit einem amerikanischen Transportschiff nach Amerika in ein Kriegsgefangenenlager gebracht. Rund sechsundsechzig Jahre später landete sein zweitgeborener Sohn ebenfalls mit einem Schiff in Bizerta an und wird dieses Land auch wieder per Schiff verlassen. Auch Richtung Amerika, dieses mal aber nicht in Gefangenschaft, sondern in Freiheit und auf eigenem Kiel. Ich hätte gerne mit ihm über seine damaligen Eindrücke von Bizerta gesprochen, vielleicht sind wir sogar durch dieselben Gassen gewandert, wer weiß… Leider kann ich mit ihm nie mehr über etwas sprechen, er musste viel zu früh von uns gehen…

Etmal: 35sm, Position: N 37°16,47’ / E 009°52,85’