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Donnerstag, 6. August 2009

Sidi Bou Said / Carthago

Ich befreie endlich den Wasserpass vom Dreck der besuchten Häfen und mache mich auf, um die Ausgrabungen von Carthago zu besichtigen; wegen denen bin ich ja schließlich hier. Ich möchte es höflich formulieren: Die in den Vorstädten von Tunis verstreut liegenden historischen Stätten sind eine weitere Anreise nicht wirklich wert… Anschließend statte ich einem interessanten Aquarium / Museum, welches einige witzige Unikate beherbergt, einen Besuch ab. Bei meiner Wanderung durch die Stadt komme ich auch am Präsidentenpalast vorbei, in dessen Umgebung eine Menge Polizisten zu sehen sind. Ein uniformierter versperrt mir den Weg und fordert mich auf, auf die andere Straßenseite überzuwechseln… Beim Haupteingang möchte ich dann die farbenprächtige Garde fotografieren, da bellt mich der nächste uniformierte an, ich solle schleunigst machen dass ich weiterkomme (frei übersetzt…). Jetzt reichts mir aber… Ich rufe ihm zuerst auf Englisch (was er nicht versteht), dann auf österreichisch zu was er mich kann und schieße dann in Ruhe meine Fotos. Ihr habt sie wohl nicht mehr alle!
Zurück beim Schiff trifft mich dann allerdings der Schlag: 20 – 30 Kinder und Jugendliche haben Sandpiper geentert und verwenden das Schiff als Badeplattform. Aber nicht in spielender sondern in eher randalierender Weise. Meine zum Auslüften an Deck gelegten Matratzen sind waschelnass, die Segel schlagen losgelöst im Wind usw. Als ich auf mein Schiff aufentere flüchten die Rabauken, aber nur um sich nun meines Schlaucherls zu bemächtigen. Um uns herum dutzende von schaulustige im Wasser, keiner rührt auch nur eine Hand. Im Gegenteil, als ich noch dazu mit Schlamm beworfen werde ertönt allgemeiner Jubel. Was bleibt mir also anderes übrig als schleunigst abzuhauen? Den Volkszorn möchte ich nicht unbedingt entfachen, indem ich ein paar Jugendliche verprügele. Abgesehen davon, dass ich bei deren Überzahl sowieso den kürzeren gezogen hätte. Also schnell Motor an, Anker hoch und durch die Schaulustigen hindurch. Geht mir aus dem weg ihr Idioten, sonst fahre ich euch über den Haufen! In mir kocht alles. Ich komme nicht recht weg, da eine Traube von Leibern an meinem Schlaucherl hängt. Erst als ich zu Wurfgeschossen greife merken sie, dass es ernst wird und lassen los. Offenbar hat jemand die Küstenwache verständigt, die mir vom Hafen Sidi Bou Said aus entgegenkommt. Der Beamte der „Garde Nationale“ weiß offenbar bereits Bescheid über das Vorgefallene und versucht mich zu beruhigen, lädt mich auf einen Kaffee ein um in Ruhe alles zu besprechen. Ich versuche, so höflich als es mir in dieser Situation nur möglich ist, den Beamten (der kann ja nichts dafür) zu erklären, dass ich keinen Wert mehr auf Kontakt mit einem einheimischen lege und sein Land so schnell als möglich verlassen möchte.
Die Bilanz der Aktion: Gestohlen oder ins Wasser geworfen wurden meine Badeschlapfen, ein Kaffeehäferl (eine Erinnerung an eine liebe Freundin aus Gmünd), eine Gabel, ein Kaffeelöffel, ein Kunststoffkochlöffel (diese Sachen habe ich nach dem Abwasch zum Trocknen in die Sonne gelegt) und 3 Stück Klettbandverschlüsse, mit denen ich Leinen sauber aufgeschossen hatte. Sandpiper besudelt, drei Matratzen mit Salzwasser durchtränkt, Leiberl mit Schlamm beschmutzt, meine Ehre verletzt…
Ihr hattet zwar 10 Minuten Spaß mit einem Touristen, was ihr aber eurem Land damit an Verachtung und Reputationsverlust eingehandelt habt, werdet ihr wohl nie verstehen…
Fast 2sm bleibt das Boot der „Garde Nationale“ an meiner Seite, ich aber halte Kurs Richtung Norden. Meinen Gemütszustand kann ich gar nicht beschreiben. Den konnte auch ein mächtiger Delfin, der direkt neben Sandpiper hoch aus dem Wasser sprang, nicht verbessern. Ich kann noch bis zum Sonnenuntergang segeln, dann schläft der Wind komplett ein. Ich motore zur Küste, taste mich vorsichtig bis an die 1,5m Marke heran (versandete Flussmündung) und lege mich vor Anker. Abendessen brauche ich nach dem Vorgefallenen keines…

Etmal: 19sm, Position: N37°09,47’ / E010°11,27’