Diese Nacht war eine ziemlich hurtige! Der Wind stand durch, wir rauschten ungehindert durch die mondlose Dunkelheit. Es ist für mich immer wieder mystisch und faszinierend anzuschauen, wenn im Dunklen der Nacht das Schiff, nur durch die Kraft des Windes angetrieben, leise zischend seine schnell vergängliche Schaumspur zieht, die manchmal geheimnisvoll fluoreszierend aufleuchtet…
Das neu erworbene (und mit viel Mühe installierte) Radargerät bewährt sich jetzt schon voll und ganz: Zuverlässig warnt es mich vor herannahenden Schiffen, so kann ich meine Schlafpausen so lange ausdehnen, dass sie eine wirkliche Entspannung bringen – auch dank des Autopiloten. Nur mit dieser Kombination lassen sich meine langen Überfahrten sicher und halbwegs komfortabel durchführen. Das gute Stück von einem Autopiloten ist zwar auch schon über 20 Jahre alt, aber es wurde sehr wenig benützt und ist daher trotz seines Alters wie neu. Ich habe zwar einen neuen Autopiloten in Reserve mit (ich habe ja genügend schlechte Erfahrungen mit den Dingern gemacht…), aber solange der Alte klaglos seinen Dienst verrichtet sehe ich keinen Grund, den Neuen zu installieren.
Nach 24 Stunden Fahrt beträgt das Etmal 124 Seemeilen! Nicht schlecht, Einhand und die Nacht durch!
Am Vormittag kommt dann der Wind von achtern, ich baume die Genua aus (den Bullenstander für das Groß hatte ich schon die ganze Nacht über gesetzt, wie meistens) und in Schmetterlingsstellung geht es hurtig weiter. Ich mag diese Stellung allerdings nicht besonders, da sie erstens nicht die Schnellste und zweitens gefährlich ist, da immer die Gefahr einer Patenthalse besteht – trotz Bullenstander eine extrem unangenehme Situation. Außerdem knallt das Groß gotterbärmlich, wenn es den Wind von der falschen Seite bekommt, was sich bei achterlichem Wellengang manchmal nicht vermeiden lässt.
Was zu befürchten war trat leider auch ein: Der Wind wurde immer schwächer, die nachlaufenden Wellen blieben aber fast gleich groß, kamen etwas schräg. Das Ergebnis war ein Rollen des Schiffes und ein damit verbundenes Schlagen der Segel, das mir im Herzen weh tat und mein Nervenkostüm ordentlich strapazierte. Noch dazu brach mir der Beschlag des Baumniederholers am Baum, da ich beim Schiften des Segels besagtem Niederholer keine Lose gegeben habe. Anscheinend sind die Drehachsen Baum / Niederholer nicht fluchtend, denn sonst könnte dieses Missgeschick nicht passieren. Wie dem auch sei, ich installierte einen an Bord befindlichen, schwächeren Beschlag, der genau drei Manöver lang hielt und dann sein unterdimensioniertes Leben aushauchte. Die ganze Arbeit umsonst und noch dazu vier unnötige Löcher im Baum – ich bin sauer…
Gegen Abend warf ich notgedrungen den Motor an, denn knapp vor der Küste Sardiniens möchte ich nicht die ganze Nacht in der Flaute rumdümpeln. Nach einer halben Stunde war der Tank leer – das war aber Absicht, da ich so den genauen Dieselverbrauch (nach dem vorherigen Volltanken) feststellen konnte. Der Motor verbraucht (bei Marschfahrt, dass sind rund 2000 Umdrehungen pro Minute) nur sagenhaft lächerliche 1,2 Liter pro Stunde!! Da macht sogar mir das Motoren Spass!
Das wird heute in der Nacht kniffelig: Rund um das Kap Teulada (meine angestrebte Landezone) ist militärisches Sperrgebiet, daher kann ich nicht jede geeignet erscheinende Bucht anlaufen. Es ist mondlos, ergo stockdunkel, und ich muss mir in einer unbekannten Bucht einen Ankerplatz suchen. Das hatten wir ja schon lange nicht mehr…
Wie kann eine Nacht nur so finster sein! Wolken bedecken den Himmel, also gibt es auch kein Sternenlicht. Ich muss mich voll und ganz auf Radar, Lot und digitale Seekarte verlassen – kein gutes Gefühl… Aber der Ankerplatz, den ich anlaufen möchte, verspricht eine problemlose Anlandung und einen gut haltendem Sandgrund. Als ich in die Bucht von Porto Pino einlaufe bemerke ich in der Dunkelheit gerade noch rechtzeitig zwei unbeleuchtete Ankerlieger. Solche Idioten…
Mit Hilfe des Echolotes taste ich mich an die drei Meter Marke heran, drehe eine Kontrollrunde und um Schlag Mitternacht fährt mein Anker, unmittelbar gefolgt von 20m Kette, in den Grund. Geschafft! Es beginnt zu regnen - Glück gehabt, dass ist sich gerade noch ausgegangen! Aber jetzt nichts wie ab in die Heia!
Fahrzeit von Sizilien (Capo San Vito) nach Sardinien (Porto Pino): 1 Tag, 17 Stunden und 4 Minuten, davon die letzten 5 Stunden unter Motor.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 5 Knoten!!
Gesamtetmal: 205sm Non - Stopp, Position: N 38° 57,70’ / E 008° 35,90’