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Mittwoch, 25. Mai 2011

Von den “fünf Buchten” in die Ensenada Trebal

Nach einer ungestörten Nacht laufe ich bei gutem Wind zeitig aus der Bucht aus - die nächste Stadt, Santa Marta, lasse ich querab liegen, die Sicherheitssituation ist dort nicht besonders gut. Einige Öltanker liegen im Dunst auf Reede, der wachhabende Funker eines frei driftenden Cargoschiffes (dieses treibt mir natürlich genau im Weg herum…) funkt mich an, will sicherheitshalber wissen, ob ich sein Schiff auch wirklich sehe. Ja, wir sehen euch und nein, wir passen schon auf, versenken euch nicht…
Wie bei Trinidad durch den Orinoco, wird hier durch den Rio Magdalena die karibische See schmutziggrün gefärbt. Mit 1538km Länge teilt er fast ganz Kolumbiens Westseite. Er entspringt an den steilen Hängen der Anden, zwischen der Zentral- und der östl. Kordillere bahnt er sich sein Bett, bei Punta Faro findet er, mit einer sehr stark versandeten Mündung, seinen Weg ins Meer. Eine ausgebaggerte Fahrrinne führt von dieser in die Stadt Barranquilla hinein, die an seinen Ufern liegt. Für eine Nachtansteuerung ist dieser Flusshafen allerdings viel zu gefährlich, außerdem gilt hier das Gleiche wie für Santa Marta: Die leidige Kriminalität…
Also runde ich das Kap großräumig, es ist zwischenzeitlich stockfinstere Nacht, ein eigenartiger, unbekannter Geruch zieht von Land herüber. Ich studiere die verwirrende Lichtermarkierung (blaue Lichter...) der Flussmündung, um sie richtig interpretieren zu können - um gleich darauf völlig unvorbereitet bei fünf Knoten Fahrt mit einem kräftigen Ruck in einem Fischernetz hängen zu bleiben; momentan weiß ich gar nicht, was los ist… Der Autopilot kreischt auf, gibt alles um den Kurs zu halten, im Ruderbereich rumpelt es kräftig, wir hängen fest. Na bravo. Wie blöd muss man eigentlich sein, um in der näheren Umgebung einer Schifffahrtsstraße ein an der Oberfläche schwimmendes Netz, noch dazu in der Nacht und unmarkiert, auszulegen?? Natürlich legt genau in diesem Moment der Wind zu, die Genua kommt back, wie kann es anders sein… Ich greife zur Machete, um Najadchen zu befreien – da der Wind aber stark weht reißt Najadchen das Netz aus seiner Verankerung, wir nehmen wieder Fahrt auf, Schwimmkörper, Netz und Leinen werden lautstark unter dem Boot durchgezogen, noch ein letzter, kräftiger Ruck und wir sind wieder frei! Noch einmal gut gegangen, aber die Wut sitzt tief in mir… Anschließend machen mich noch kreuz und quer fahrende Fischer mit falscher Lichterführung nervös – jetzt wird es schön langsam Zeit, dass endlich wieder Ruhe an Bord einkehrt. Denkste! Kaum habe ich mich beruhigt, die nächste Überraschung: Die schützende Landzunge der Ensenada Trebal stellt sich für Najadchen als gefährlich heraus, denn die dortigen Tiefen stimmen überhaupt nicht mit den Angaben der Seekarte überein – kein Wunder, die Ablagerungen des Flusses werden wohl von Jahr zu Jahr mehr geworden sein. Bei gerade mal einen Meter Wasser unter dem Kiel kann ich gerade noch rechtzeitig ins tiefe Wasser abdrehen, berge die Segel und taste mich unter Maschine vorsichtig an der drei Meter Wasserlinie in die Bucht hinein, wo ich um Mitternacht erleichtert vor Anker gehe.
Das Ankerlicht funzt nicht, ich lasse stattdessen halt die Dreifarbenlaterne im Top brennen. Mein sensorgesteuertes Blinklicht, welches ich in der Türkei kaufte und mir jahrelang gute Dienste geleistet hat, ist leider in die ewigen elektronischen Jagdgründe eingegangen – schade darum!

Etmal: 67sm, Position: N 10°56,60’ / W 075° 02,00’

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