An sich eine ruhige und ungestörte Nacht, nur die Werft beginnt um halb sieben mit ihrem lärmenden Betrieb. Merke: Wenn du deine Ruhe haben willst, lege dich nicht unmittelbar vor eine Werft. Zumindest Wochentags nicht. Das Leuchtfeuer auf der Untiefe mitten im Hafenbecken war übrigens defekt. Stört anscheinend niemanden. Möchte gerne wissen, wie viele Boote und Schiffe hier bereits aufgelaufen sind. Ich bin jedenfalls nur knapp daran vorbeigeschrammt….Niemand kümmert sich um mich, also dürfte ich niemanden stören. Habe hier vom Schiff aus Internetverbindung und aktualisiere mein Tagebuch, schreibe Mails. Beim Ablegen dann der erste Schreck des Tages: Mit einem trockenem „Tock“ bleibt der Motor urplötzlich stehen. Ich schnell nach vorne, den Anker wieder ins Hafenbecken geschmissen. Fünf Meter vor der Slipbahn der Werft komme ich zum Stehen. Das war knapp, uff. Was war da bloß geschehen? Nun, ich selber bin schuld, da ich an der Mineralwasserflasche, die ich im Wasser neben dem Motor (zwecks „kühlem Getränk“) stehen habe, eine dünne Leine befestigt habe, um die Flasche leichter zu erreichen. Diese Leine hat sich ungewollt und unbemerkt, wahrscheinlich durch die Motorvibrationen, durch den nach unten offenen Motorschacht geschlängelt, sich um die Propellernabe gewickelt und dadurch den Motor abgewürgt. Wenn mir das beim Einlaufen in der Nacht passiert wäre, daran will ich lieber gar nicht denken. Was nun folgte, war wiederum einmal Kabarettreif: Gerhard in Badehose und Gipshand versucht durch abenteuerliche Verrenkungen, leicht verkrampft auf der Badeplattform liegend, die Leine vom Propeller abzubekommen. Noch dazu war die Farbe des Wassers im Hafen nicht sehr einladend. Na ja, jedenfalls hatten die Werftarbeiter ein bisschen Abwechslung… Die Prozedur gelang, ich konnte meine Fahrt fortsetzen, noch dazu passte der Wind, welcher die Küste entlang wehte. Hier gefällt es mir allerdings überhaupt nicht, die ganze Küste ist flach, ungegliedert, völlig allen Winden ausgesetzt und ohne auch nur einzige schützende Bucht oder Vorgelagerte Insel. Noch dazu total verbaut (Inder Nacht eine durchgehende Lichtermeerkette) mit einem abenteuerlichen Mixstil aus mittelalterlichen Bauten in Kombination mit heruntergekommenen Plattenbauten. Dass entlang der Küste eine Bahnlinie und eine vielbefahrene Straße führt, ist auch klar. Entsetzlich ist die Unmenge (wirklich Unmengen) an terrestrischen Antennen, welche wie Schwanenhälse meterhoch in die Luft ragen. Ein furchtbarer Anblick. Überhaupt gibt es hier auffallend viele Antennenmasten, auch mitten in den Städten. Bei BARI ist die Hölle los. Ich komme mir vor wie in einem schlechten Film: Hubschrauber zischen hin und her, Flugzeuge starten und landen und ein Heer von Hobby – Fischern versperrt mir den Weg. Im Unterschied zu Kroatien sind diese hier meistens mit modernen Booten unterwegs. Scheinbar planlos werden Netze ausgelegt, natürlich unbeleuchtet. Ich möchte nach TORRE A MARE kommen, wo ein Hafen in der Karte eingezeichnet ist. Der Wind schläft ein, ich verschätze mich und komme erst bei Dunkelheit dorthin. Ich finde die Einfahrt nicht gleich, da beide (!!) Feuer nicht brennen. Noch dazu handelt es sich um einen Minihafen, welcher mit Kleinfahrzeugen überfüllt ist. Ich drehe einige (kleine…) Runden darin, doch ich finde keinen Platz für mich. O doch, dort an der Kaimauer, gleich neben der Einfahrt! Warum dort allerdings keiner liegt wird mir schnell klar, als ich auf der Fahrt dorthin aufsitze. Ich sitze mitten im Hafen im Schlick fest! Ich fasse es nicht. Mit etwas Glück, schaukeln und brachialem Motoreinsatz komme ich wieder frei. Leicht genervt verlasse ich die ungastliche Stätte. Wind kommt wieder auf, Dünung steht zur Küste. Kurz nach besagtem Hafen entdecke ich eine Minibucht, worin ich mich mittig legen möchte, da ich schon ziemlich müde, hungrig und durchfroren bin. Dass mitten in diesem „Buchterl“ ein Unterwasserriff auf uns lauerte, konnte ich nicht ahnen, da es weder in der Karte eingezeichnet, noch in der Finsternis sichtbar war. Mit einigen unangenehmen „Rumplern“ lief ich auf, mir blieb fast das Herz dabei stehen. Das arme Schiff! Sofort Maschine retour (Leider entwickelt der SchXXX Motor retour fast keinen Schub), Gewichtsverlagerungen, seitliches Schaukeln, nichts half mehr, ich saß fest. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Angst kam in mir hoch, dass die Wellen das Schiff noch höher aufs Miniriff werfen würden. Ein Fischerboot mit zwei Männern kam vorbei und diese boten mir ihre Hilfe an. Dabei ergaben sich gleich mehrere Probleme: Ich außer „Amore mio“ und „Ciao Bella“ kein Wort italienisch, die beiden Fischer kein Wort österreichisch und leider auch kein Wort englisch. Noch dazu war deren Fischernachen nur mit einem 2 - 3 PS „starken“ Motörchen ausgerüstet, der meine „Sandpiper“ leider nicht dazu bewegen konnte, sich vom Riff wieder runter zu begeben. Was blieb mir also anderes übrig, als dürftig bekleidet und mit Badeschlapfen ins Wasser zu gehen? Mit den Füssen lotete ich den Grund aus, versuchte die beste Stelle zu finden, um das Schiff möglichst unbeschädigt wieder runter zu bekommen. Das ich dabei mindestens fünfmal stolperte, mit der Gipshand unter Wasser kam und mir bei der Badeleiter eine böse Schnittwunde an der (diesmal rechten…) Hand zuzog, war vorauszusehen…. Dazu Wellen, Finsternis und Wind, mir war axxxkalt, die Stimmung dementsprechend. Ein Szenario wie in einem Horrorfilm. Fehlte nur noch eine Haiattacke – ihr wisst ja, Haie sind nachtaktive Oberflächenräuber…. Die Fischer boten mir nach mehreren fehlgeschlagenen Bergungsversuchen an, in den Minihafen zu fahren und eine „Barka“ mit einem stärkeren Motor zu organisieren. Dankend nahm ich das Angebot an, ohne zu fragen, was das wohl kosten würde… Während die beiden weg waren ging ich die Sache logisch an, nutzte die Wellen schamlos aus, um, dabei im Wasser stehend, mit Muskelkraft und Technik, leise vor mich hin fluchend, mein Schiff von den, zum Glück dick bewachsenen, Felsen runterzuhebeln. Es gelang mir tatsächlich!! Retourgang rein, nichts wie weg hier! War ich froh, ich kann es gar nicht beschreiben!!! Schnell ein Stück von der Untiefe weg, dann Kreise drehend, auf die beiden Fischer gewartet, die mir ja Hilfe versprochen hatten. Nach kurzer Zeit (ich bin zwischenzeitlich halb erfroren) kamen sie tatsächlich zurück, im Gefolge wirklich eine „Barka“! Statt enttäuscht zu sein, mit mir kein Geschäft machen zu können, freuten sich die beiden ehrlich mit mir über die Rettung des Schiffes. Fand ich unglaublich nett von ihnen! Natürlich gab ich ihnen trotzdem Geld, das sie allerdings erst nach einigem Sträuben annahmen. Danke nochmals, ihr Beiden, ihr habt was gut bei mir! Ich nahm wieder Kurs der Küste entlang, zog mir trockenes Gewand an und versuchte das entstandene Chaos und meine leicht strapazierten Nerven zu ordnen. Während der Fahrt räumte ich die Backskiste und die Bilge aus, um eventuellen Wassereintritt feststellen zu können. Aber alles war dicht, nochmals Glück gehabt! Ein Stück weiter finde ich den Strand einer Badeanstalt als Ankerplatz zumindest halbwegs geeignet. Wie man(n) sich täuschen kann... Bei zwei Meter Tiefe rauscht der Anker ins Wasser, ich stecke 15 Meter Kette raus und will nur mehr schlafen. Der Hunger ist mir zwischenzeitlich sowieso vergangen. Doch denkste, Wind und Wellen kommen aus verschiedenen Richtungen. Die seitlich auftreffenden Wellen bringen das Schiff derart zum Rollen, dass es mich aus der Koje haut. Was tun? Die einzige Möglichkeit ist, einen zweiten Anker seitlich auszubringen, um mich an dessen Leine im rechten Winkel zu den heranrollenden Wellen zu ziehen. Das Schlauchboot ist zusammengelegt unter Deck, ins Wasser möchte ich nicht noch mal. Da kommt mir die rettende Idee: Mit dem ausziehbaren Ausbaumer, mit dem ich den Grund erreiche, drücke ich das Schiff von der Badeplattform aus so weit seitlich, bis es passt. Schnell den Heckanker geworfen, zur Sicherheit noch ein Reitgewicht aufgesetzt und ab in die Koje. Nun treffen die Wellen von vorne das Schiff, die nunmehrige auf und ab Bewegung ist erträglich. Der Schlaf, mehr ein Dösen, ist trotzdem keine Erholung, da der nasse Gips unangenehm auf der Haut ist, die Wunde schmerzt und die Höhe der Wellen beunruhigend ist.
Merke: In einen unbekannten Hafen, wenn irgendwie möglich, vor Einbruch der Dunkelheit einlaufen!!! Und vor allem den alten Spruch immer im Hinterkopf behalten, als das Schiff zum Skipper sprach:“ Beschütz du mich vor dem Land, dann beschütz ich dich vor der See!“ Da ist fürwahr was Wahres dran.
Etmal: 23sm / Position (Speziell für ZELJKO): N 41° 5,4’ E 17° 0,0’