Ungestörte Nacht, der Wind bläst konstant aus NW, also der Küste entlang, genau richtig für mich. Ich haue zeitig ab, das Wetter muss ausgenutzt werden. Die Küste wird immer flacher und konturloser, die Fischer werden immer weniger, es gibt hier einfach keine Häfen, die Zuflucht bieten könnten. Gefährlich seicht ist es hier auch. Die ganze Zeit schon fällt mir auf, dass ich so ziemlich als Einziger unterwegs bin. Kein Segel weit und breit zu sehen. Warum wohl…. Die Römer haben entlang dieser, in Sichtweite zueinander, mächtige Wehrtürme errichtet, Viele davon sind erhalten geblieben. Bei BRINDISI komme ich in leichte Bedrängnis, da der (wirklich) mächtige Wellenbrecher des riesigen Industriehafens eine konfuse Hacksee aufwirft und ich natürlich wieder einmal zu nahe dran bin…. Riesige Industrieanlagen umgeben den Hafen, ich bin daran nicht interessiert und segle vorbei. Kurz nachher bemerke ich noch rechtzeitig ein Riff, das (laut Seekarte) daraufstehende Feuer ist einfach nicht vorhanden!! Unglaublich!! Ein in der Nähe liegendes Wrack spricht Bände. Wenn ich da in der Nacht vorbeikomme - ich will gar nicht daran denken… In Sausefahrt geht’s weiter, ich erreiche eine Durchschnittsgeschwindigkeit von immerhin 4,55 Knoten, und dass über einen Zeitraum von neuneinhalb Stunden hinweg! So lange war ich heute unterwegs, und legte dabei sagenhafte 44,5sm zurück. Gegen Abend dann das nächste Horrorszenario: Ich habe PUNTA SAN CATALDO als Ankerplatz ausgewählt. Bei der Fahrt zu dem mächtigen, weithin sichtbaren Leuchtturm bemerke ich Steuerbordseitig eine abgewinkelte Mole, welche mit rotem und grünem Feuer gekennzeichnet ist. Auf meiner Seekarte ist zwar nichts eingezeichnet, aber was kann das schon anderes sein als ein Hafen oder eine Neugebaute Marina? Also nichts wie hin, die Sonne geht bereits unter. Als ich dann, schon nahe am Ufer, quer in die Einfahrt einbog, denke mir noch, eine verdammt schmale Einfahrt für eine Hafeneinfahrt ist das schon, als mich auch schon die erste Grundsee breitseits erwischt und halb umwirft. Verdammt, nicht schon wieder! Zum Umkehren ist es natürlich schon zu spät, die Wassertiefe beträgt auch nur mehr eineinhalb Meter. Was soll’s, bevor mich die nächste Welle erwischt lieber rein in den Kanal, dort lockt ruhiges Wasser, dann sehen wir weiter. Vollgas und rein – das war leichter gesagt als getan, den genau bei der Einfahrt, welche geschätzte zehn Meter breit war, hatte sich eine Barre aufgebaut, in der ich (natürlich…) stecken blieb. Da ich den ganzen Tag gesegelt bin, hatte ich das Schwert noch unten, welches nun festsaß. Die brechenden Wellen erwischten nun nur mehr das Heck, die vordere Hälfte des Schiffes war schon im Kanal. Die Leute liefen zusammen und schrieen, ich wusste nicht recht, was ich machen sollte. Wieder so eine blöde Situation. Durch das Auftreffen der Wellen am Heck erhoffte ich mir so eine Art „Losrütteleffekt“, den ich mit Vollgas zu unterstützen gedachte. Tatsächlich kam ich so langsam über die Barre. Gleich darauf stoppte ich aber auf, da die Wassertiefe, selbst für einen Kielschwerter, beängstigend gering war. Ich versuchte von den Leuten zu erfahren, wie es denn mit der Wassertiefe im Kanal so stünde, aber die konnten noch schlechter englisch als ich. Allerdings waren sie sich offenbar einig darüber, dass es zuwenig für mein Schiff sei. Auch gut. Ich drehte das Schiff mit Hilfe der Leinen vom Ufer aus (Merke: Ich betrete zum zweiten Male, wiederum nur kurzzeitig, italienischen Boden…) um 180 Grad herum, um in Vorausfahrt aus dem verdammten Kanal zu kommen. Einer der Zuschauer gab mir durch Zeichensprache den Rat, sofort nach der Ausfahrt scharf nach Backbord abzudrehen, um die sich im flachen Wasser brechenden Wellen frontal nehmen zu können. Nach Steuerbord war nicht mehr viel Platz, nach ca. 50 Meter war da schon der Strand. Mit gut 20 Meter Anlauf und Vollgas (Da waren die 15PS Gold wert….) preschte ich über die Barre, ein kurzes Rucken ging durch das Schiff und ich war drüber, die Pinne hart nach Steuerbord gelegt drückte sich der Bug genau rechtzeitig nach Backbord in die nächste Welle hinein, durchschnitt sie elegant, genauso noch eine Zweite, und draußen waren wir. Uff, wieder einmal gut gegangen. Ich winkte noch dankend zurück, rundete unter Maschine das Kap des Leuchtturms, wich zwei nicht in der Karte eingezeichneten Riffe aus ( wird schon zur Routine bei mir…) und legte mich in die dort beginnende große Sandbucht bei zwei Meter Wassertiefe so halbwegs vor der Dünung geschützt vor Anker. Leider begann hier wieder das alte Spiel: Wind und Wellen kommen nicht aus der gleichen Richtung, ich bringe den Zweitanker seitlich aus usw. Zusätzlich riecht es hier wie am Neusiedlersee nach faulen Eiern (Ich weiß, Schwefel….), offensichtlich handelt es sich hier um einen Kurort. Zwar mit einem schönen Sandstrand, leider aber ohne Hafen. Mein liebes Apulien, schön langsam reicht es mir mit deiner Küste……
Etmal: 44,5sm, alles unter Segel. Position: N 40° 23,2’ E 18°18,4’