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Dienstag, 21. April 2009

Kap Anamur

Ein strahlend schöner Tag beginnt, leider weht kein Wind. Kurzerhand beschließe ich, ganz einfach hier zu bleiben:


Ich schleife den Pinnenbeschlag fertig, was mit dem Sand vom Strand nicht besonders gut funktioniert, da die Körner vom andauernden Wellenschlag rundgeschliffen und nicht gebrochen sind. Ihre Schleifwirkung ist daher eher gering. Aber ich habe ja Zeit. Anschließend poliere ich das gute Stück noch mit „Pasta grün“ auf. Poliert schaut das Teil echt spitzenmäßig aus. Es wird stechend heiß, ich baue daher das Sonnenzelt auf – das erste Mal heuer. Die Leinenkonstruktion des Traveller kann ich auch vollenden, es funzt tadellos. Zur Abkühlung tauche ich unter das Schiff und reinige wieder einmal das Unterwasserschiff vom Bewuchs. Sagenhaft, wie hartnäckig fest manche Muscheln, insbesondere jene am Motorschaft, anhaften können.
Zum Aufwärmen unternehme ich einen ausgedehnten Strandspaziergang, bei dem ich einen pensionierten türkischen Arzt kennen lerne, der seine Praxis in Deutschland hatte. Er erzählt mir, das dieser Sandstrand ein beliebter Eiablageplatz der Meeresschildkröten sei, deren Hauptfeinde aber nicht der Mensch sondern freilaufende Hunde und Füchse seien, die die Eier ausgraben und fressen. Durch ihn erfahre ich einiges über das Land, die Kurden, Zypern, usw. Aber eben aus der Sicht eines Türken – eine Sicht, mit der ich nicht immer ganz einverstanden bin…. Er teilt seinen Vorrat an Orangen mit mir und lädt mich in sein Haus zum Abendessen ein. Das war zwar sehr nett von ihm, aber in der Finsternis durch die weglose Wildnis zu seinem Haus am Berghang stolpern – nein danke. Er versteht das aber. Dann wird es Zeit mich zu Verabschieden, ich kehre wieder auf mein Schiff zurück. Von dort beobachte ich einen einheimischen Schnorchler, der mit Neoprenanzug und Harpune auf Unterwasserjagd ist. Nach einer knappen Stunde hat er sechs mittelgroße Fische geschossen – es gibt also doch Leben in diesen Gewässern!!
Kurz vor 17:00 wird der Ankerplatz plötzlich unhaltbar. Wind kommt auf und dreht auf West, ich bin auf Legerwall….Zehn Minuten später bin ich startklar. So spät und unerwartet einen Ankerplatz zu verlassen gefällt mir zwar gar nicht, aber wenn ich die Möglichkeit habe, eine Legerwallsituation zu vermeiden, tue ich das unbedingt. Mit Wind von achtern rausche ich, wieder einmal nur unter Genua, Richtung OSO der Küste entlang. Der Wind vertreibt den Dunst und plötzlich ist in der Ferne ganz deutlich die Küste von Zypern zu erkennen!! Das erste Mal in meinem Leben sehe ich Zypern!! Luftlinie ist es eine Entfernung von 37sm (=68,5Km), gemessen von Anamur Burun (Burun = Kap) am türkischen Festland, zum nahesten Punkt Zyperns, Korucam Burun, im türkisch besetzten Teil gelegen. Auf Griechisch heißt dieses Kap Akra Kormakitis. Es ist ein herrlich entspanntes Segeln, nur kleine, nachlaufende Wellen, der Wind folgt der Küstenlinie und bleibt konstant. Ich schlüpfe in etwas Warmes und genieße einen guten Kaffee. Gott ist das schön! Einige auslaufende Fischer kreuzen meinen Weg, durch die Bank grüßen mich alle. Ich habe auf meiner ganzen Reise in den türkischen Gewässern noch keinen Fischer erlebt, der nicht gegrüßt oder zumindest zurückgewunken hätte – ein schöner Brauch. Alle Fischerboote, und seien es noch so kleine Barken, tragen eine türkische Flagge – Nationalisten sind schon ein bisschen….
Mit dem allerallerletzten Büchsenlicht kann ich unter Segel das Kap Anamur runden:


Das Besondere an diesem Kap ist, es ist das Südlichste der gesamten Türkei! Wieder habe ich ein Etappenziel meines Vorhabens erreicht. Ich laufe im Dunklen noch ein kurzes Stück die Küste hoch, um einen langen Sandstrand zu erreichen, wo sich in dreieinhalb Metern Tiefe mein Bügelanker für die Nacht eingräbt. Im Lee der Berge hoffe ich auf eine ruhige Nacht….

Etmal: 13sm, Position: N 36° 01,83’ / E 032° 48,72’