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Samstag, 5. September 2009

Von Villajoyosa nach Alicante

Ich marschiere in die Stadt Villajoyosa, um einen Bankomat zu suchen. Eigenartigerweise finde ich kilometerlang keinen, dann auf einmal ist ein Automat neben den anderen. Als wenn dort ein Nest wäre…
Es beginnt zu regnen, das erste Mal für mich seit undenklichen Zeiten!! Zum Glück habe ich die Wäsche, die ich gestern in der Nacht noch gewaschen habe, abgenommen. Zurück in der Marina gebe ich das Stromkabel (Ich habe noch immer keinen Adapter…) und den Schlüssel für die Dusche zurück, dafür bekomme ich meinen als Deposit eingesetzten Pass wieder. Ich richte am Schiff alles für die Abreise her, ich warte nur bis es zu regnen aufhört. Das ist dann am frühen Nachmittag der Fall. Zufrieden lege ich ab, denn ich habe alles bis ins kleinste Detail geplant und vorbereitet: Die Fender sind ausgebracht, die Leinen sind angeschlagen und griffbereit, da ich noch zu der im Marinaprospekt eingezeichneten Tankstelle möchte, der Kurs ist abgesteckt, der Wind ist zwar resch aber kommt aus der richtigen Richtung - Seglerherz, was willst Du mehr? Ach, ist das Leben schön! Ich werfe die Mooring los und löse die Vorleinen, in einer eleganten Kurve ziehe ich Sandpiper lässig retour von ihrem Liegeplatz in die Boxengasse hinein, lege den Leerlauf ein, stelle das Ruder gerade und lasse Sandpiper auslaufen. Dann gebe ich kleine Fahrt voraus, stolz blicke ich über den Bug neuen Zielen entgegen. Und dann schlägt das Schicksal erbarmungslos zu: Brrrt, der Motor blockiert schlagartig. Das hatten wir doch schon einmal? Welcher Idiot hat da eine Leine im Fahrwasser treiben lassen? Sofort nimmt Sandpiper, da schlagartig unmanövrierbar geworden, Rammkurs auf das nächstliegende Motorboot. (Die kann sie nämlich nicht leiden…) Ich habe leider keine Zeit für die sich anbahnende Krise, stürze zum Bug und lasse den Anker fallen. Für den Moment ist die Gefahr gebannt. Ich lasse das sturmsicher verzurrte Schlaucherl wieder zu Wasser und begutachte die Situation. Leider stellt sich heraus dass der Idiot ich selber war, da ich vergessen hatte, die Backbordmooring Loszuwerfen… Also ab ins (von mir ja besonders geschätzte) Hafenwasser, um den Propeller von der Leine zu befreien. Zwischenzeitlich sind die Marineros auch munter geworden, kommen an den Steg und wollen mir Anweisungen geben. Ihr Komiker habt sie wohl nicht alle?? Das Prozedere dauert nicht lange, schnell ist der Prop wieder freigemacht. Während ich mich abtrockne überprüfen besagte Marineros die Mooringleine akribisch auf etwaige Beschädigungen… Leicht geknickt nehme ich Kurs auf die Tankstelle, nur um festzustellen, dass es diese schon seit längerer Zeit nicht mehr gibt. Na bravo. Stinkesauer will ich auslaufen und währenddessen die ausgebrachten Fender und bereitgelegten Leinen einholen. Da merke ich, wie Sandpiper Kurs auf ein Fischerboot nimmt. (Die kann sie auch nicht leiden…) blitzartig hänge ich den Autopiloten aus und steuere händisch weiter, da gerade jetzt einige Schiffe in den Hafen einlaufen. Es ist also soweit – der Autopilot hat seinen Geist aufgegeben. So laufe ich aus und habe gleich alle Hände voll zu tun, da Wind und Welle draußen stärker sind als ich erwartet habe. Jetzt rächt sich, das ich das Schiff nicht im Vorhafen aufgeklart habe: Fender und Leinen kann ich vom nun schlagenden und patschnassen Deck bergen – währenddessen läuft Sandpiper völlig aus dem Ruder – I`m not amused… Leicht konfus fixiere ich die Pinne mit einer Leine, um zumindest kurzfristig in Ruhe arbeiten zu können. Aufatmend rolle ich die Genua aus – das geht nur leider nicht, da ich in meiner Hektik die Vorleinen, die bei mir permanent angeschlagen sind, falsch belegt habe… Halb ausgerollt schlägt das Segel im Wind, bringt so natürlich keinen Vortrieb. Also wieder aufs Vorschiff… Inzwischen hat es wieder zu regnen begonnen. Was habe ich bloß angestellt, kommt noch irgendwas? Fehlt nur noch dass die Höllenmaschine ausfällt, bevor ich genügend Abstand zur Küste gewonnen habe! Gerhard, verschrei es bloß nicht!
Schön langsam kommt Ruhe ins Schiff, ich sitze patschnass und leise vor mich hinfrierend an der Pinne und komme zu der Erkenntnis: Die Gesamtsituation ist eher unbefriedigend…
Aus meinem Vorhaben (ein Nachtschlag, um anständig Strecke zu machen) wird nun natürlich nichts, da ich nicht die ganze Nacht an der Pinne sitzen will (und kann). Also kommt Plan B zum Zug. Nachdem der aber nicht existiert, verschwinde ich kurzfristig unter Deck (ich muss ja alle Augenblicke zur Pinne, um Sandpiper wieder auf den rechten Weg zu bringen) und suche mir auf der Seekarte (und mit Hilfe von Google Earth) die nächstgelegene geschützte Ankerbucht raus. Die befindet sich aber erst kurz vor Alicante. O.K., die paar Meilen werden wir heute doch noch schaffen? Es wird dann noch ein schönes Segeln, da die Windstärke und die Höhe der Wellen annehmbar sind.
In der Bucht steht natürlich Schwell herein, das war aber auch nicht anders zu erwarten. Was soll’s Gerhard, dafür hattest du ja gestern eine ungestörte Nacht!
Ich zerlege noch den Autopiloten, um ihn austrocknen zu lassen; was sonst als der Regen könnte schuld an seinem Ausfall sein?
Ich befinde mich hier bei einem Vorort von Alicante, dementsprechend geht es zu – in der Nacht darf ich live an einem Feuerwerk mit anschließender Knallerei bis in die Morgenstunden teilnehmen. Ich freue mich ja sooo….

Etmal: 16sm, Position: N 38°21,40’ / W 000° 26,10’